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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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136kommenden Kindchen zu flüstern und die gute, warme Hand auf ihren Leib zu legen, um daspochende stoßende Leben zu fühlen.“ (F. S. 6)Man kann hier den Schluss ziehen, dass Katharina in der Mutterrolle keine Selbsterfüllungfindet: Auf der einen Seite kann sie ihren besonderen Zustand nicht genießen, weil ihrMann nicht in ihrer Nähe ist, auf der anderen Seite scheint sie nach einer anderenAlternative <strong>im</strong> Leben zu suchen:„Nachdem sie den Kleinen völlig der Amme überlassen hatte und ihr Körper begann, seineursprünglichen Formen zurückzugewinnen, deren einstige Herbigkeit jetzt freilich reizvollgesänftigt war, so bat sie einer Nacht Michael, ihr einen Knabenanzug machen zu lassen.[…]„Einen Knabenanzug – Kind, wozu?“Ihre schmalen Hände umklammerten heiß seinen Arm.„Mit dir in den Krieg reiten – du!“ Und die vorzeitig unterdrückte Flamme ihresungestümen, knabenhaftes Geistes, - die in allzu früher Mutterschaft verlorene Lust nachAbenteuern und Heldentum hatte plötzlich Luft bekommen und brannte steil auf.“ (F. S.19f.)Im weiteren Verlauf der Ereignisse stellt sich Katharina tatsächlich an die Spitze derVerschwörung gegen den herrschenden Zaren, sich von ihrem neu geborenen Sohntrennend. Die „Lust nach Abenteuern und Heldentum“ führt dazu, dass die junge Fürstindie häusliche Sphäre verlässt, sich auf gewisse Weise der ‚mütterlichen Pflicht’entziehend. Diese Entscheidung bedeutet jedoch nicht eine eindeutige Absage an dieMütterlichkeit:„Die unendliche Mütterlichkeit der reifenden Nacht bedrängte Katharina und machte sieseufzen. Sie blickte auf die träumende kleine Tochter, sie dachte heiß an den fernen Knabenund fühlte, es müsse gut sein, mit beiden Kindern in einer der strohgedeckten Hütten amStraßenrand zu verschwinden, namenlos unterzugehen und ein Leben lang nichts zu sein alseine Mutter, - hütend, wärmend, gebend und darin vergehend.“ (F. S. 29)

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