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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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96Die angeführte Passage lässt den Schluss zu, dass das Ewig-Weibliche zum Ursprung allenSeins wird: dass es sich vielmehr um das Ewig-Mütterliche handelt, bestätigt das BeispielMuriels.Das Konzept der Großen Mutter zielt folglich auch bei <strong>Ina</strong> Seidel auf eineAufwertung des Mütterlichen hin, das in der patriarchalischen Gesellschaft eineuntergeordnete Rolle spielt. In diesem Kontext ist es vielsagend, dass auch MurielsPädagogik sich als Forderung der Rückkehr zur Natur lesen lässt, als eine Rückbesinnungauf das Ursprüngliche, das einen mütterlichen Charakter hat. Wie bereits gesagt wurde,lässt sich Muriel von ihren Schülern die Mutter nennen. Darüber hinaus postuliert sie inihren theoretischen Überlegungen zu der Erziehungsfrage, dass man nicht einemgesteuerten, sondern einem natürlichen Lernprozess den Vorzug geben sollte, in welchemden schulpflichtigen Kindern das Lesen und Schreiben erst spät beigebracht wird. Murielwill nämlich die Kinder zuerst „zur sinnenhaften Erfassung und Erkenntnis dergegenständlichen Vielfalt von Natur und Menschenwerk […] führen […]“ (M. S. 465). Mitdem Erlernen des Alphabets sei „ein künstliches Organ“ (M. S. 465) geschaffen, mit demdas Kind mit Erfahrungen konfrontiert werde, nach denen es von sich selbst gar nichtsuchen würde:„Die Beherrschung der Zeichensprache der Buchstaben und die dadurch erlangteMöglichkeit einer verfrühten und bequemen Begegnung mit einer fixierten und bearbeitetenWelt müsse zu einer Ablösung des unmittelbaren, pr<strong>im</strong>ären Erlebens der gegenständlichenWelt zugunsten einer teils abgestempelten, teils fiktiven Vorstellung der Wirklichkeitführen…“ (M. S. 466)Aus diesem Konzept ergibt sich, dass Muriel eben den dem Menschen innewohnendenursprünglichen Kräften zu ihrer Entfaltung verhelfen will, dass sie auf gewisse Weise dasinfolge der Kulturentwicklung verschüttete Verhältnis zwischen Mensch und Naturrehabilitieren möchte: dies wundert nicht angesichts der Tatsache, dass Muriel selbst eineD<strong>im</strong>ension dieser ursprünglichen Kraft zu verkörpern scheint. Die Verschiebung desSchwerpunktes in der Pädagogik bedeutet, dass man zugleich den auf dem Natürlichenaufbauenden Verhältnissen mehr Aufmerksamkeit schenkt. Dass eben die Mutter-Kind-Beziehung den Ursprung bildet, wurde bereits mehrmals betont. Muriels Pädagogik könntealso eine verdeckte Botschaft übermitteln:

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