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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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239stehen, das sich da unten zwischen anderen körperhaften Erscheinungen bewegt […].“ (M.S. 312)Diese hier angedeutete Distanz der Protagonistin zu dem sich unabänderlich veränderndenMateriellen macht sich gegebenenfalls in ihrem Äußeren bemerkbar: Michaela wirktnämlich so, als ob sie sich dem Ablauf der Zeit entziehen würde. So wird sie von einemBerliner beschrieben:„Wenn ‘ck Ihnen sage: sehr elejant, aba doch nich schick. Nich alt, aba ooch nich mehr jung.Nich hibsch, nich häßlich – nischt von Lippenstift und keene blutige Klauen – aba sonjewisset Etwas, ick weeß nich wat. Keene Spur hochmietig, und doch janzRührmichnichan…“ (M. S. 449)Eine gewisse ‚Zeitlosigkeit’ Michaelas wird obendrein von anderen Figuren bemerkt: Siesei ein Wunder eigener Art,„denn obgleich sie doch wie Du [Renée – N. N.] und Rainer zur Generation derJahrhundertwende gehört, so erschien sie mir <strong>im</strong>mer ganz zeitlos, <strong>im</strong> Besitz zugleich derÜberlegenheit eines alten Menschen und einer unantastbaren Jugend.“ (M. S. 651)Als ein ‚ätherischer’ Mensch unterliegt Michaela nicht den irdischen Gesetzen. So hatdaneben die Zeit keine Macht über sie: die Figur wird einem überirdischen Wesen gleich.Es ist darüber hinaus markant, dass sie von einer Kunstmalerin, die die Volière bewohnt,als „erzengelhaft“ (M. S. 728) bezeichnet wird. Diese Bezeichnung lässt wiederum anihren Namen denken, der sie ebenfalls in die Nähe eines h<strong>im</strong>mlischen Wesens, desErzengels Michael, rückt.Weil die geistige Seite der Natur der Protagonistin deutlich in den Vordergrundtritt, muss das Materielle verdrängt werden. Diese Schlussfolgerung wird außerdem durchdas folgende Zitat untermauert:„Michaelas Zauber lag in der vollendeten Harmonie ihrer Erscheinung und ihrer Art, sich zugeben, mit ihrer verhaltenen Nachdenklichkeit und ihrem Bedürfnis, einfühlend zuverstehen. 442 Diese Harmonie war so bezwingend, daß man zunächst gar nicht darauf kam,442 Dass die Empathie ein typisch weibliches Merkmal sei, betonen Helene Lange und Gertrud Bäumer.

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