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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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174Auf diese Weise wird auch die Protagonistin zu einem Unheil stiftenden Prinzip:Indem sie den Tod über den Mann herbeiführt, nähert sie sich dem literarischen Typus derfemme fatale, der „todbringenden Vernichterin aller Männer“ 356 .Neben der fatalen Aura, die Melitta umgibt, wird auch eine gewisse Kindlichkeitihres Wesens angedeutet, die sie wiederum in die Nähe des Typus der femme enfant rückt:Melitta hat einen „kindliche[n] Mund“ (SP. S. 15), lächelt „verschmitzt“ (SP. S. 17); alsSpener sie anblickt, gewinnt er den Eindruck, „als hätte eine angstvolle Kinderst<strong>im</strong>me„Hilf mir doch!“ zu ihm gesagt.“ (SP. S. 18). Oft wird sie mit dem Adjektiv „klein“beschrieben: so fällt Melittas „kleines lachendes Aufschluchzen, wie der zärtliche Lockrufeines Vogels“ (SP. S. 34) auf; „wie eine kleine, von Tau überströmende Sonnenblume“(SP. S. 38) sieht sie ihren Verlobten an. Diese Kindlichkeit der Protagonistin steht dabei <strong>im</strong>Einklang mit ihrer Unschuld, auf die bereits hingewiesen wurde. 357Dass Melitta als eine sonderbare Mischung aus verschiedenen Weiblichkeitstypenerscheint, lässt zunächst den Schluss zu, dass sie keine Individualität besitze. DieseSchlussfolgerung bestätigt auch die Suggestion, dass Melitta als Verkörperung derseelenlosen Undine ebenfalls keine Seele hat. Da die Figur seelenlos ist, hat siefolgerichtig kein Innenleben – an keiner Textstelle bekommt man Einblick in das Inneredieser weiblichen Gestalt. Ihre Seelenlosigkeit wird demgemäß zu einem weiterenMerkmal, das sie mit der Delphine 358 aus dem Wunschkind verbindet. Gleich Delphinewird auch Melitta als ein Wasserwesen mit der (ungebändigten) Natur in Verbindunggebracht: Da das Wasser in der Erzählung eindeutig als das todbringende Prinzipdargestellt wird, wird auch die Tochter des Wassermanns zum Gegensatz derlebensspendenden und lebenserhaltenden Mutter, deren ‚Element’ die Erde ist 359 . Indiesem Sinne deute Melitta, wie es Horst treffend bemerkt „mit der fatalenUndinenhaftigkeit ihres Wesens“ 360 auf die Delphine <strong>im</strong> Wunschkind voraus.356 Femme fatale: In: Horst S. und Ingrid G. Daemnrich: Themen und Motive in der Literatur. Tübingen1995. S. 150-154, hier S. 152.357 Man kann auch den Eindruck gewinnen, dass Melitta insofern unschuldig ist, als auch die Natur, die sievertritt, selbst weder schuldig noch unschuldig ist.358 Zu Delphine siehe mehr <strong>im</strong> Kapitel Delphine.359 Melitta charakterisiert eine Ungebundenheit an die Erde, wie sie auch die anderen nicht mütterlichenFrauen auszeichnet. Diese Ungebundenheit manifestiert sich vor allem in der tänzerischen Leichtigkeit derFrauen, die als Gegensätze der Mutterfiguren angelegt werden. Diese tänzerische Leichtigkeit wird in derGestalt Melittas angedeutet: Melitta erscheint z. B. „wie ein tanzendes Flämmchen […] in ihrem schillerndenseidenen Mantel“ (SP. S. 42), oder „wie ein verwehtes weißes Blatt, […].“ (SP. S. 22).360 Vgl.: Karl August Horst: <strong>Ina</strong> Seidel. Wesen und Werk. Stuttgart 1956. S. 69.

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