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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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84trifft. Dank dem Sohn gewinnt Brigitte wieder die Fassung und sieht den Fehler ein, densie begehen könnte. Sie unterdrückt ihre Gefühle zu Wilhelm und lässt ihn gehen:„Brigitte zog den Knaben [Wolf] an sich, und aus seinem ruhig und eben fließenden Blutströmte Ruhe auf sie über. Der Kreis seines Lebens dehnte sich um sie aus, da war allesausgeschieden, was spielender Ernst war, da war die Welt so unendlich reich an holdenMöglichkeiten und unberührt von Alter, Krankheit und Tod.“ (H. S. 90)Auf diesen sinnlichen Aspekt der Mutter-Kind-Beziehung kommt ebenfalls S<strong>im</strong>one deBeauvoir in ihren Überlegungen zu sprechen. Sie behauptet Folgendes:„[…] wie der Liebhaber in der Geliebten, findet die Mutter <strong>im</strong> Kind eine fleischliche Fülle,und dies nicht aus einer ergebenen, sondern aus einer dominierenden Position heraus. ImKind erfasst sie, was der Mann in der Frau sucht: ein Anderes, Natur und Bewusstseinzugleich, das ihre Beute, ihr Double ist.“ 233Im ähnlichen Sinne scheint Brigitte ihre Kinder zu betrachten: ihre Haltung demNachkommen gegenüber wird anscheinend von dem Wunsch nach dem Aufbau einesAbhängigkeitsverhältnisses getragen:„Aber <strong>im</strong> Grunde, wie wohl das tat, ihn noch zu spüren, hungrig, durstig nach ihrem Fleischund Blut, allein von ihr abhängig, als kreise <strong>im</strong>mer noch ein einziger Strom des Lebensdurch sie beide.“ (S. 23)Die dominante Position kann Brigitte jedoch nur in Bezug auf ihre Kinder und lediglich <strong>im</strong>familiären Kreise einnehmen:„Warum sagte er [Brigittes Mann – N. N.] selbst nicht einen Ton, wenn ihm das Benehmendes Jungen nicht paßte, war er nicht Manns genug und Herr <strong>im</strong> Hause? Aber selbst dasZüchtigen der Bengel überließ er ihr! Nun, einstweilen wurde sie noch fertig mit ihnen […].Disziplin hatte sie <strong>im</strong> Hause, vom Pferdeknecht an bis zum kleinsten Köter!“ (H. S. 38)Auch wenn Brigitte anfänglich eine Art Abneigung gegen die Rolle der Hausherrinempfindet, bewältigt sie diese Aufgabe mühelos: sie führt den Haushalt, kümmert sich um233 S<strong>im</strong>one de Beauvoir: Das andere Geschlecht. Reinbek bei Hamburg 1992. S. 648.

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