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Herr Riedel zieht sich zurück. Der Justizminister, Justizrat Simons aus<br />

Elberfeld, Sproß einer der von der Heydt'sehen ebenbürtigen Wuppertaler<br />

Bourgeoisfamilie, hat das Wort.<br />

Herr Simons geht mit einer gewaltigen Gründlichkeit zu Werke. Man<br />

merkt, daß er noch neu im Justizministerium ist.<br />

Plakate werden auf öffentlichen Straßen und Plätzen angeschlagen, sagt<br />

der Herr Justizminister. Also - „muß darauf zurückgegangen werden, welche<br />

Bestimmung öffentliche Straßen undPlätze haben"!!<br />

Herr Riedel hat zwar die „Bestimmung" und den „eigentlichen Wortlaut"<br />

der Plakate auf dankenswerte Weise festgestellt. Aber darum handelt es sich<br />

gar nicht. Es kommt vielmehr an auf die „Bestimmung der Straßen und<br />

Plätze". Und hier erwirbt sich der Justizminister unsterbliche Lorbeeren.<br />

Kann man sich eine schönere Abc-Schule denken als diese Kammer,<br />

worin über die Bestimmung von Straßen und Plätzen, über grammatikalische<br />

Schülerhaftigkeiten und dergleichen ernsthaft debattiert wird?<br />

Was ist nun die „Bestimmung der Straßen und öffentlichen Plätze"?<br />

Sie ist die, daß Straßen usw. nicht „einer jeden beliebigen und öffentlichen<br />

Benutzung preisgegeben werden können", denn „eine solche Bestimmung<br />

der Straßen etc. \ann nicht nachgewiesen werden"!!<br />

Dafür also haben wir einen angeblichen Justizminister, daß er uns solche<br />

tiefsinnige Aufklärungen gibt. In der Tat, man begreift es jetzt, warum Herr<br />

Simons sich genierte, sich der Kammer vorstellen zu lassen.<br />

Der ganze übrige Inhalt der Rede des Ministers ist natürlich neben solchen<br />

famosen Leistungen gar nicht der Rede wert. Unter dem Scheine merkwürdiger<br />

Belesenheit in der französischen Jurisprudenz bringt Herr Simons einige<br />

verschollene Reminiszenzen aus seiner früheren Praxis, als öffentliches<br />

Ministerium, an den Mann. Dann folgen Sätze wie folgender:<br />

„Diese Bedürfnisfrage muß aber unbedingt (!) bejaht werdfen, wenigstens (!!) ist dies<br />

meine Meinung (!!!), unter Berücksichtigung der Zweifel (!!!!), welche sich erhoben ha-<br />

ben (!!!!!)."<br />

Und endlich will Herr Simons „das gesetzliche Fundament der Beschränkung<br />

der Plakate sanktionieren".<br />

Ein Fundament sanktionieren! Wo haben Sie die Sprache gelernt, Herr<br />

Simons?<br />

Auf die nun folgende Rede des Herrn Berends können wir nach solchen<br />

oratorischen Großtaten, wie die der Herren Riedel und Simons, natürlich<br />

nicht weiter eingehen. Herr Berends hat den richtigen Instinkt, daß das Plakatverbot<br />

direkt gegen das Proletariat gerichtet sei, führt aber sein Thema<br />

nur schwach aus.

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