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Die Bestimmungen des Code penal wissen nichts von der injuriösen Verletzlichkeit<br />

Hohenzollernscher Majestätsgefühle. Rheinische Geschworne<br />

werden trotz Zensus und Polizeifiltrierung nicht zu finden sein, um das<br />

namenlose Verbrechen der Majestätsbeleidigung anders als die Beleidigung<br />

eines „Privatmannes" mit 5 Fr. Geldbuße zu ahnden. Der kaiserliche Despotismus<br />

hielt sich selbst zu hoch, um zu erklären, daß er in seiner Majestät „beleidigt"<br />

werden könne; das christlich-germanische Landesvater-Bewußtsein<br />

aber, welches begreiflich mit der Höhe Napoleonischen Stolzes in keine Vergleichung<br />

treten mag, hat in seinem rheinischen Großherzogtum wieder das<br />

„tiefgefühlte Bedürfnis", den Schutz seiner altpreußischen Würde herzustellen.<br />

Die „starke" Krone wagt es nicht, den rheinischen Prozeß aufzuheben,<br />

aber sie pfropft das vielversprechendere Reis landrechtlicher Rechtsbegriffe<br />

in diesen Prozeß und ruft:<br />

„Öffentliches, wirklich öffentliches Verfahren, und daneben den Galgen des<br />

preußischen Landrechts!"<br />

Uber das „öffentliche Verfahren", welches dem rheinischen Code vorläufig<br />

oktroyiert werden soll, läßt sich § 22 des Gesetzentwurfs folgendermaßen<br />

vernehmen:<br />

„Die Polizeibehörden sind berechtigt, jede zur Verbreitung bestimmte Druckschrift,<br />

auch wenn mit deren Ausgabe bereits begonnen worden, wo sie solche vorfinden, mit<br />

Beschlag zu belegen, insofern ... deren Inhalt ein Verbrechen oder Vergehen begründet,<br />

welches von Amts wegen verfolgt werden kann."<br />

Die Polizei ist berechtigt, Zeitungen, die ihr nicht gefallen, auf der Post<br />

und in Büros zu konfiszieren, selbst wenn die „Ausgabe bereits begonnen" hat,<br />

d.h. wenn die „Präventivmaßregeln" der Polizei gerade „als solche" aufhören<br />

sollen und die Sache von „Rechts wegen" bereits an die Kompetenz der Gerichte<br />

gehört; sie hat dies Recht der Konfiskation in allen Fällen, wo der „Inhalt"<br />

der Druckschriften, Zeitungen usw. ein „Verbrechen oder Vergehen begründet",<br />

welches von „Amts wegen", d.h. von Polizei wegen „verfolgt"<br />

werden kann, d.h. zu allen Zeiten, wo die Polizei uckermärkische [353] Gelüste<br />

nach der Rolle des öffentlichen Ministeriums befriedigen will und diesen<br />

Hang mit dem ureigenen Vorwand beliebiger „Verbrechen oder Vergehen"<br />

oder sonstiger „verfolgungsmöglichen" Tatsachen zu erklären für nötig hält;<br />

sie kann endlich alle solche Drucksachen, c'est-a-dire 1 alles, was im Wohlgefallen<br />

des Herrn und seiner heiligen Hermandad t26] steht, konfiszieren, wo<br />

sie es vorfindet, d.h., sie kann in die Häuser, in die Geheimnisse des Familienlebens<br />

dringen und, wo es keinen Grund zu Belagerungs- und Kroatenschutz

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