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Prozesses, den wir gegen die Herren Zweiffei und Hecker zu führen das Vergnügen<br />

hatten, ausgeführt, daß der Art. 222 selbst nicht auf öffentliche<br />

Beleidigungen durch die Presse, sondern nur auf solche Beleidigungen anwendbar<br />

ist, welche in persönlicher Gegenwart der Herren Beamten ihnen ins<br />

Gesicht geworfen werden 1.<br />

Aber wäre der Art. 222 auch auf Beleidigungen durch öffentliche Schriften<br />

anwendbar — das ist sicher noch niemand eingefallen zu behaupten, daß ein<br />

Brief an eine dritte Person eine Beamtenbeleidigung darstellen könne. Nach<br />

der bisherigen Korrektionell-Praxis war immer erforderlich, daß das beleidigende<br />

Schriftstück an den Beleidigten selbst gerichtet, oder daß es öffentlich<br />

verbreitet sei. Herr Nicolovius entdeckt jetzt, daß es eine Beamtenbeleidigung<br />

sei, wenn man einem Dritten in beleidigenden Ausdrücken über einen<br />

Beamten schreibt! Man hüte sich'also, in seinen Privatbriefen in unehrerbietigem<br />

Tone von Beamten zu reden!<br />

Daß der Brief Lassalles an die dem Herrn v. Ammon vorgesetzte Behörde<br />

gerichtet und also eine Beschwerde, eine Denunziation war, das macht die<br />

Sache nur noch unmöglicher.<br />

Denn Denunziationen von pflichtwidrigen Handlungen bei der vorgesetzten<br />

Behörde stellt das Gesetz sogar als Pflicht hin. War somit die Denunziation<br />

wahr, so war sie vollkommen in der Ordnung; war sie unwahr, so<br />

hätte der Generalprokurator eine Verfolgung auf Grund des Art. 373 [305] einleiten<br />

müssen, — auf Grund einer verleumderischen Denunziation. Dann aber<br />

hätte Lassalle auf die leichteste Art von der Welt durch die Akten die Wahrheit<br />

der Denunziation bewiesen, während ihm dieser Beweis bei der Anklage<br />

auf Beamtenbeleidigung vor dem Korrektions-Tribunal nicht zusteht.<br />

Die Sache kam vor die Ratskammer in Düsseldorf. Aber auch diese fand,<br />

daß eine Beleidigung entweder öffentlich oder in Gegenwart des Beleidigten<br />

Vollbracht sein müsse, und schlug die Sache nieder. Das öffentliche Ministerium<br />

opponierte, und unser hiesiger schon oft erprobter und stets bewährt gefundener<br />

Kölner Anklagesenat beschloß wirklich auf Grund des Art. 222 die<br />

Verfolgung gegen Lassalle, der nun mit einer Korrektionell-Prozedur glücklich<br />

behaftet ist!<br />

Was wird, wenn das noch eine Weile fortgeht, nicht noch alles aus dem<br />

Art. 222 werden?<br />

Die Prozedur Lassalles kommt übrigens am 3.Mai vor die Assisen.<br />

Geschrieben von Friedrich Engels.

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