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Federn erkennen konnte. Hatten sie irgendeinen Fremdling erwischt, so wußten<br />

sie sogleich ihre Liebhaber zu benachrichtigen, in welches Gasthaus sie<br />

gegangen seien; der Alguacil und sein Schreiber stürzten dann, zum großen<br />

Entsetzen der Weiber, herein, spielten die Eifersüchtigen und ließen den<br />

Fremden erst nach langem Flehen gegen Hinterlegung einer angemessenen<br />

Geldentschädigung entlaufen. Auf diese Weise hatten sie ihre eigenen<br />

Vorteile mit den Interessen der öffentlichen Sittlichkeit vereinigt, denn die<br />

Gerupften hüteten sich, so bald wieder ihren unlauteren Neigungen nachzugehen.<br />

Wie diese Sittlichkeitswächter haben die preußischen Ordnungshelden ein<br />

vereinfachtes Verfahren, für die normale Standrechtsruhe zu sorgen. Die anreizende<br />

Aussendung einiger schnapsduftender Gerechtigkeitssäulen, einige<br />

verlockende Säbelhiebe unter das Volk, und die Auf rühr gelüste, welche dadurch<br />

in irgendeiner entlegenen Stadt oder einem Dorf hervorgerufen werden,<br />

geben Gelegenheit, durch Verkündigung des Belagerungszustandes die ganze<br />

Provinz vor ferneren unlauteren Regungen zu wahren und um den letzten Rest<br />

ihres konstitutionellen Vermögens zu prellen.<br />

Nach Art. 5 der neuen Standrechts-Charte kann der „Militärbefehlshaber"<br />

bei Erklärung des Belagerungszustandes distriktsweise die Art. 5-7 und 24-28<br />

der letzten im Dezember oktroyierten „Errungenschaften" außer Kraft<br />

setzen.<br />

Sehen wir, was noch übrig bleibt, wenn wir diese durch die neue Standrechts-Charte<br />

wegoktroyierten Artikel von den Märzverheißungen abziehen.<br />

„Für den Fall eines Aufruhrs" nach dem Belieben eines „Militärbefehlshabers"<br />

hört also auf:<br />

Art. 5 der Dezemberverfassung: „Die persönliche Freiheit ist gewährleistet."<br />

Art. 6. „Die Wohnung ist unverletzlich."<br />

Art. 7. „Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden."<br />

Art. 24. „Jeder Preuße hat das Recht, etc. seine Gedanken frei zu äußern."<br />

Art. 25. „Vergehen, welche durch Wort, Schrift etc. begangen werden, sind nach<br />

den allgemeinen Strafgesetzen zu bestrafen."<br />

Art. 26. „Ist der Verfasser einer Schrift bekannt und im Bereich der richterlichen<br />

Gewalt, so sollen Drucker, Verleger, Verteiler nicht bestraft werden."<br />

Art. 27. „Alle Preußen sind berechtigt, sich friedlich und ohne Waffen in ge-<br />

schlossenen Räumen zu versammeln."<br />

Art. 28. „Alle Preußen haben das Recht, sich zu solchen Zwecken, welche den<br />

Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, in Gesellschaften zu vereinigen."

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