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Und sobald die Polizei die Versammlung für aufgelöst erklärt, muß sich jeder<br />

entfernen, wenn es ihm nicht gehen soll wie den Berliner Vereinbarungsrittern,<br />

d.h. wenn er nicht durch Bajonette aus dem Saal entfernt werden<br />

will.<br />

Die Klubs haben zwar keine „vorgängige Genehmigung" nötig, haben dafür<br />

aber eine solche Menge vorgängiger Anzeigen und Formalitäten bei der<br />

Ortsbehörde zu erfüllen, daß sie schon deswegen halb unmöglich gemacht<br />

sind. Öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel, Aufzüge etc. etc.<br />

dagegen bedürfen allerdings der vorgängigen Genehmigung der Polizei. Und<br />

damit den roten Bändern, Kokarden und Mützen ein Ende gemacht werde,<br />

wird dagegen noch schließlich eine Erneuerung der alten Hetzjagds-Verordnungen<br />

gegen schwarzrotgoldene Abzeichen oktroyiert.<br />

Das ist das „Vereins- und Versammlungsrecht", das uns der wahrheitsliebende<br />

und worthaltende Hohenzoller vor einem Jahre mit bebenden Lippen<br />

garantierte!<br />

II.Plakatgesetz [S23]. Alle Plakate politischen Inhalts, mit Ausnahme der<br />

Einladungen zu gesetzlichen, erlaubten Versammlungen (alle Versammlungen<br />

sind also wieder bloß gnädigst „erlaubte"/), sind verboten. Die Ausschüsse der<br />

Klubs dürfen in bewegten Zeiten also nicht einmal durch Plakate das Volk zur<br />

Ruhe auffordern, damit der heldenmütigen Soldateska ja nicht ein einziges<br />

Opfer entgehe! Ferner: Das Verkaufen oder Verteilen von Druckschriften auf<br />

öffentlicher Straße wird ebenfalls verboten, es sei denn, man besitze eine<br />

jederzeit widerruf bare Konzession! Mit andern Worten: Das preußische Königtum<br />

sucht uns mit einer verbesserten Auflage des Gesetzes über die crieurs<br />

publics [3243 zu beglücken, das in Frankreich unter der schlimmsten Zeit des<br />

louis-philippistischen Bourgeois-Despotismus dem Schrecken der Kammern<br />

abgenötigt wurde.<br />

Und die Motive zu diesem Gesetz? Weil durch die Plakate und die Kolporteurs<br />

die Passage in den Straßen versperrt und durch Plakate gar manches<br />

öffentliche Gebäude verunziert wird!<br />

III. Preßgesetz. Alles das ist aber noch gar nichts gegen die anmutigen Vorschläge,<br />

mit denen man der Presse einen Knebel anzulegen gedenkt. Man<br />

weiß, die hohenzollersche Volksbeglückung bestand seit 1830 überhaupt bloß<br />

darin, den preußischen väterlichen Patriarchalismus durch die Verkoppelung<br />

mit der louis-philippistischen modern-raffinierten Knechtschaft zu veredeln.<br />

Man behielt die Prügel bei und fügte den Bagno hinzu; man ließ die Zensur<br />

bestehen und beglückte uns zugleich mit der Blüte der Septembergesetzgebung;<br />

man ließ uns, mit einem Wort, zu gleicher Zeit die Vorteile der feudalistischen<br />

Knechtung, der bürokratischen Polizeiwirtschaft und der modern-

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