06.07.2013 Aufrufe

Seite 351

Seite 351

Seite 351

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Versammlung mag die Verfassung anerkennen, so ist das nur eine Anerkennung<br />

der oktroyierten Verfassung durch die oktroyierte Verfassung selbst. Das<br />

Volk wird sich wenig daran stören und die „unparteiische Geschichte" wird<br />

über ein kleines zu registrieren haben, daß diese sog. Verfassung trotz ihrer<br />

Anerkennung — sollte es je zu dieser kommen — im Laufe der europäischen<br />

Revolution niedergetreten wurde und verschwunden ist, man weiß nicht wie.<br />

Herr Jacoby weiß das wahrscheinlich so gut wie wir; die Rechte der Kammer<br />

weiß auch, daß er es weiß; wozu also all dieser Rechtsboden-Firlefanz,<br />

vollends, wenn man den Rechtsboden der gesprengten Versammlung im<br />

Zweifel lassen will!<br />

Herr Scherer, Advokat und Abgeordneter von Düsseldorf-Elberfeld, entsetzt<br />

sich höchlich über den d'Esterschen Adreßentwurf. Er meint, die Deputation,<br />

die eine solche Adresse dem König überreiche, müsse „den bewaffneten<br />

Aufstand in ihrem Gefolge haben". Wenn man den bewaffneten Aufstand im<br />

Gefolge hat, Herr Scherer, dann spricht man noch ganz anders mit Königen!<br />

Dieser Entwurf „schleudre die Fackel ins Land"; aber Herr Scherer glaubt,<br />

„sie werde nicht zünden, sondern nur ihren Trägern zum Schaden gereichen"/<br />

Man kann nicht deutlicher sprechen. Herr Scherer gibt der Linken den<br />

wohlmeinenden Rat, den Entwurf zurückzuziehen, sonst werde man sie eines<br />

Morgens zu fassen wissen, trotz des Urtverletzlichkeitsparagraphen. [360] Sehr<br />

menschenfreundlich, Herr Scherer!<br />

Es erhebt sich nunmehr Herr Waldeck. Wir finden ihn unverändert wieder:<br />

links, aber nicht weiter links, als es angeht, wenn man sich möglich halten will.<br />

Herr Waldeck beginnt mit dem Ausdruck seiner Verdrießlichkeit darüber,<br />

daß die Rechte ihm immer den fatalen Streit über den Staatsstreich vom<br />

November zuschieben will. Herr Waldeck und „seine Partei" hat sich ja<br />

„deutlich genug darüber ausgesprochen, daß dieser Prinzipienstreit gar nicht<br />

hätte erhoben werden sollen". Nach seiner Ansicht „ist die Versammlung darüber<br />

einig" (schlimm genug!) „was sie mit der Verfassung tun soll" — nämlich<br />

sie revidieren. Herr Waldeck setzt nun abermals auseinander, warum der<br />

Prinzipienstreit überflüssig sei, und appelliert noch einmal an das bessere Gefühl<br />

der Rechten: „Können Sie nicht diese Frage in der Zwischenzeit sehr<br />

wohl ruhen lassen? ... Sie verlieren bei Ihrer Ansicht gar nichts; schonen Sie<br />

aber die Ansichten anderer!"<br />

Würdige Sprache eines auseinandergejagten „Volksvertreters" zu derselben<br />

Majorität, die sich die Hände vor Freude reibt, wenn sie an die gelungene<br />

Auseinanderjagung denkt.<br />

„Schonen Sie doch die Ansichten andrer!" Um Schonung fleht der große<br />

Mann!

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!