Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

95bessern, und nahm das Weib zum dritten Male zu sich. Da sahder Priester eines Tages eine ungeheure Schar von Teufeln mitlautem Geschrei auf sich zukommen, aus deren Nase und OhrenFeuerflammen hervorbrachen, und der Teufel, der die anderenführte, sprach zu ihm: „Du verlogenster, abscheulichster derMenschen, dessen Sünde wie einst die der Sodomiten zum Himmelgestiegen ist, ich komme mit meinen Gefährten, um dir die Seeleherauszureißen, und werde dich in ewigen Flammen peinigen, unddeine Qual wird immer mehr zunehmen. Sag mir, wie hast dudas Gelübde deiner Taufe gewahrt, in der dir Nachlaß all deinerSünden gewährt wurde? Seit deiner Kindheit hast du zahlloseSünden begangen, die ich dir nicht eingeredet habe, und deinganzes Leben lang hast du dich so gottlos benommen, daß dumit Recht als Sohn des Teufels betrachtet wirst. So bist duwürdig, mit uns den Kelch der ewigen Verdammnis zu trinken.Das Talent, das du vom Herrn erhieltst, hast du in die Erdevergraben, denn immer hast du nur deinen Vorteil gesucht, undum deine dir anvertraute Gemeinde hast du dich nicht gekümmert;und während du sie von Amtswegen vor den Wölfen schützensolltest, bist du selbst schlimmer als ein Wolf gewesen; denn duhast viele durch dein ärgerniserregendes Leben verdorben. Sieh,da liegen vor dir die Kinder, die ohne Taufe sterben mußten, mitjenen, die keine heilige Ölung erhielten und ohne Beichte undWegzehrung gestorben sind. Sie alle sind zur Hölle hinabgestiegendurch deine Schuld. Sieh die Lichter, die dir in deinemVerderben geleuchtet haben,Sünden sind es und Ausschweifungen."Als das der Pfarrer hörte, bat er in seinem Schrecken, man sollealsbald aus der Kirche seine Stola und den Eeliquienschrein herbeibringen.Und er legt die Stola um und setzt den Schrein aufseine Brust. Da wird der Teufel wütend und ruft: „0 du verruchterMensch, voll von Verbrechen, die Stola und der Schreinschrecken mich nicht. Die Himmel werden deine Frevel ofl^nbareUjdie Erde wird aufstehen gegen dich, weil du dich niclitscheust, die Stola um deinen Hals zu legen, den du so oft befleckthast durch die Umarmungen der Dirnen, und den Schreinauf die Brust zu legen, die die Wohnung aller Laster ist. Ichwerde von hier nicht weichen, bis ich dir deine Seele entrissenhabe und sie in das ewige Feuer schleppen kann, wo du erfahren