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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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52Der Kranke aber erwidert ihm: „Der Herr ist gerecht <strong>und</strong> liebtdie Gerechtigkeit. Sieh, als ich beichten konnte, hab ichs nichtgewollt <strong>und</strong> der göttlichen Barmherzigkeit e<strong>in</strong>e Frist bestimmt,<strong>in</strong>dem ich die Beichte <strong>in</strong> die Zeit der Krankheit verschob. Jetztaber steht mir der Teufel auf Gottes Geheiß auf der Brust,<strong>und</strong> wenn ich e<strong>in</strong> Wort sprechen will, das me<strong>in</strong> Seelenheil betrifft,dann preßt er mir alsbald die Kehle zu; sonst läßt ermich alles reden, bis auf das, was me<strong>in</strong>er Seele not tut; dennich sündigte gegen den heiligen Geist." Mit diesen Worten verschieder <strong>und</strong> fuhr zur Hölle, aus der für ihn ke<strong>in</strong>e Erlösung ist.36.Wie sich Christus als Aussätziger pflegen liess.Man liest im Leben der Väter, daß e<strong>in</strong>st e<strong>in</strong> Mönch lebte,der zur Gewohnheit hatte, von se<strong>in</strong>em Lebensunterhalt das Bestefür die Armen aufzubewahren. Als dieser e<strong>in</strong>mal durch denWald g<strong>in</strong>g, sah er e<strong>in</strong>en Aussätzigen daliegen, den die Krankheitganz erschöpft hatte. Von Mitleid ergriffen trat er bei diesemAnblicke zu ihm <strong>und</strong> sprach: „Wenn ich etwas hätte, womit ichdir helfen könnte, würde ich es dir gerne geben." Der Aussätzigeaber entgegnet: „Ich bitte dich um der Liebe Jesu Christi willen,trage mich <strong>in</strong> de<strong>in</strong>e Zelle." Der E<strong>in</strong>siedler nahm ihn voll <strong>in</strong>nigerLiebe zu Christus auf se<strong>in</strong>e Schultern <strong>und</strong> trug ihn zu se<strong>in</strong>erZelle. Das sah se<strong>in</strong> Abt, <strong>und</strong> im Geiste erleuchtet, sprach er zuden Brüdern: „Kommt, liebe Brüder, seht den Sohn Gottes aufden Schultern unseres Mitbruders." Als dieser aber <strong>in</strong> se<strong>in</strong>eZelle gekommen war, sprach der Kranke zu ihm: „Du hast mich<strong>in</strong> de<strong>in</strong>e Zelle getragen, ich aber will dich mit me<strong>in</strong>en Engelnh<strong>in</strong>auf zum Himmel tragen." Mit diesen Worten fuhr Jesus zumHimmel empor. E<strong>in</strong> himmlischer Wohlgeruch aber blieb <strong>in</strong> derZelle zurück. Nach drei Tagen kam der Sohn Gottes mit e<strong>in</strong>erSchar Engel, <strong>und</strong> der Mönch gab se<strong>in</strong>en Geist auf, um zumHimmel e<strong>in</strong>zugehen.37.Von e<strong>in</strong>em Ritter, der vom Aussatz der Sünden geheilt wurde.Man liest von e<strong>in</strong>em Bitter, der viele schwere Freveltatenbegangen hatte. Als dieser e<strong>in</strong>st an e<strong>in</strong>er Kirche vorüberkam,hörte er den Priester die Worte <strong>des</strong> Evangeliums lesen: „Gehet,

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