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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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115se<strong>in</strong>en Auftrag <strong>und</strong> errichten über se<strong>in</strong>em Grabe e<strong>in</strong> Kloster, <strong>in</strong>dem jene Jungfrau nachmals Äbtiss<strong>in</strong> wurde. Dieses Beispiellehrt uns, daß oftmals die e<strong>in</strong> gutes Ende nehmen, die demBösen widerstehen <strong>in</strong> tapferem Geiste, <strong>in</strong> Beharrlichkeit <strong>und</strong> Geduld.105.Der Baum mit den Ave-Mariablättern.E<strong>in</strong> Laie hatte lange e<strong>in</strong> gar weltliches Leben geführt. Endlichgedachte er zum Heil se<strong>in</strong>er Seele das Ordenskleid zu nehmen.So trat er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Orden e<strong>in</strong>, doch als er die durch die Ordensregelvorgeschriebenen zahlreichen Gebete lernen sollte, war erdazu nicht imstande. Das betrübte ihn sehr, <strong>und</strong> we<strong>in</strong>end bater se<strong>in</strong>en Lehrer, er möge ihm e<strong>in</strong> kurzes Gebet lehren, mit demer die Mutter der Barmherzigkeit verehren könnte. Und mitMühe brachte er es endlich soweit, daß er die Worte Ave Marialernte, die er von nun an anstelle der St<strong>und</strong>engebete vor sichhersagte, <strong>und</strong> zwar aufrichtig frommen Herzens. So wurde erhochbetagt. Als er aber gestorben war, sah man, wie aus se<strong>in</strong>emGrabe e<strong>in</strong> w<strong>und</strong>erbarer Baum hervorsproßte, <strong>und</strong> auf se<strong>in</strong>enZweigen <strong>und</strong> Blättern fand man <strong>in</strong> goldenen Buchstaben dieWorte Ave Maria. In ihrer Verw<strong>und</strong>erung öffneten die Brüderdas Grab <strong>und</strong> sahen, daß der Leib <strong>des</strong> Toten von dem Baumezersprengt war <strong>und</strong> daß der Baum im Herzen wurzelnd ausse<strong>in</strong>em M<strong>und</strong>e hervorwuchs, um sich über dem Grabe auszubreiten.Und nun ließ man sich von se<strong>in</strong>en Beichtvätern erzählen,wie re<strong>in</strong> se<strong>in</strong> Herz gewesen sei. Wie gut <strong>und</strong> wie angenehmist es also für den Menschen, von Jugend an das Jochunserer Gebieter<strong>in</strong> zu tragen, wenn sie sogar diesen alten Laiennicht zurückstieß, sondern <strong>in</strong> ihrer Huld w<strong>und</strong>erbar auszeichnete!106.Von e<strong>in</strong>em Weibe, das von Maria aus ihrer Verzweiflungerrettetward.E<strong>in</strong>e vornehme Witwe lebte ehrbar im Hause e<strong>in</strong>es Verwandten.Doch erg<strong>in</strong>g es ihr wie dem Stroh, das man ans Feuer legt. Siewar nicht achtsam genug, <strong>und</strong> so kam es, daß der Verwandte <strong>in</strong>sündhafte Beziehungen zu ihr trat. So gab sie e<strong>in</strong>em Knaben8*

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