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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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182dient, erwirbt sich die Dankbarkeit se<strong>in</strong>es Herrn <strong>und</strong> se<strong>in</strong> Wohlwollen."Drittens lehrte er ihn, daß er alle Tage, was er auchsonst zu tun habe, vorher die Messe anhören <strong>und</strong> mit frommemS<strong>in</strong>ne den Leib <strong>des</strong> Herrn anschauen solle, denn der heilige Gregorspricht: „Wahrlich, der ist der glücklichste, der seligste derMenschen, der den Leib <strong>des</strong> Herrn anschaut <strong>und</strong> ihm Almosen,Gebet <strong>und</strong> Tränen weiht." Darauf empfahl der Vater se<strong>in</strong>en Sohndem Könige, <strong>des</strong>sen Berater er gewesen war. Und als er den Leib<strong>des</strong> Herrn empfangen <strong>und</strong> die letzte Ölung erhalten hatte, machteer se<strong>in</strong> Testament <strong>und</strong> starb <strong>in</strong> Frieden. Aus Liebe zu dem Vaternahm der König bald nach <strong>des</strong>sen Begräbnisse den Sohn an se<strong>in</strong>enHof <strong>und</strong> machte ihn zum Kämmerer der König<strong>in</strong>. Der Sohn aberer<strong>in</strong>nerte sich <strong>des</strong> Rates se<strong>in</strong>es Vaters <strong>und</strong> zeichnete sich unterallen Dienern durch se<strong>in</strong>e Tugenden aus; er war willig, treu <strong>und</strong>fromm, g<strong>in</strong>g auf im Dienste se<strong>in</strong>er Herr<strong>in</strong> <strong>und</strong> war besorgt um dasHeil se<strong>in</strong>er Seele vor Gott. Dem Eate se<strong>in</strong>es Vaters entsprechendaber schätzte er den Gottesdienst überaus hoch <strong>und</strong> versäumte anke<strong>in</strong>em Tage, die Messe anzuhören, <strong>und</strong> wenn das Brot erhobenwurde, dann bewe<strong>in</strong>te er das Leiden Christi. Die König<strong>in</strong>, se<strong>in</strong>eHerr<strong>in</strong>, liebte ihn wegen se<strong>in</strong>er eifrigen Dienste vor allen anderenDienern <strong>und</strong> gab ihm manchen Beweis ihrer Gunst. Se<strong>in</strong>e bösenGefährten jedoch planten ihm wegen se<strong>in</strong>er Ausdauer im Diensteder König<strong>in</strong><strong>und</strong> wegen der beständigen Auszeichnungen durch ihreHerr<strong>in</strong> Unheil, <strong>und</strong> um ihm die Gunst <strong>des</strong> Königs zu rauben, verabredetee<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er Gefährten, e<strong>in</strong> Genosse <strong>des</strong> Judas an Untreue<strong>und</strong> argem S<strong>in</strong>n, mit den anderen Kämmerern, sie wollten dentreuen Diener beim Könige beschuldigen, daß er mit der König<strong>in</strong>verbrecherischen Verkehr habe. Und sie versicherten dem Könige,daß dieses ihnen allen feststände. Der König ist empört, als erdas hört, <strong>und</strong> er erbittet sich von dem Verleumder e<strong>in</strong>en Rat, wieman den Schuldigen beseitigen könne, ohne daß der Ruf derKönig<strong>in</strong> dabei Schaden leide. Da hofft der Arge, mit se<strong>in</strong>er Verleumdungden gewünschten Erfolg zu erzielen, <strong>und</strong> spricht: „Herr<strong>und</strong> König, schicke ihn morgen zu jenen Gesellen, die den Kalkbrennen, <strong>und</strong> gib ihnen vorher den Befehl, daß sie den, den dumorgen vor dem Frühstück zu ihnen senden wirst, mit Pferd <strong>und</strong>Kleidern <strong>in</strong> den brennenden Kalkofen stürzen, wo er zu Staub verbrennenmag." Der König ist mit dem Plane <strong>des</strong> gottlosen Dieners

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