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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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191kunft wurde der E<strong>in</strong>siedler <strong>in</strong> große Freude versetzt, weil er ihnfür e<strong>in</strong>en Menschen hielt, <strong>und</strong> er fragte ihn voll Anteil, wo er zuHause wäre. Der Fremde antwortete ihm, er stamme aus derselbenStadt wie er, <strong>und</strong> begann ihm se<strong>in</strong>en Vater <strong>und</strong> all se<strong>in</strong>e Verwandtenzu nennen <strong>und</strong> erzählte ihm, wie reich <strong>und</strong> angesehen siealle wären. Zugleich forderte er den E<strong>in</strong>siedler auf, se<strong>in</strong>e Fre<strong>und</strong>ee<strong>in</strong>mal zu besuchen. Und der E<strong>in</strong>siedler, der nichts von der Arglist<strong>des</strong> Bösen ahnt, schließt se<strong>in</strong>e Zelle ab <strong>und</strong> wandert mit ihmfort. Nun spricht aber August<strong>in</strong>us: „Ach, was für e<strong>in</strong>en schlimmenGenossen hat der, der dem Teufel folgt." Wie der E<strong>in</strong>siedler <strong>und</strong>der Teufel so mite<strong>in</strong>ander ihres Weges ziehen <strong>und</strong> sich die Zeitdurch manche Geschichte kürzen, da begegnen ihnen zwölf wildeRäuber, die bei ihrem Anblicke wütend auf sie stürzen, um sieumzubr<strong>in</strong>gen.Daran aber h<strong>in</strong>dert sie der Fremde mit schmeichelndenWorten, <strong>und</strong> schließlich br<strong>in</strong>gt er mit se<strong>in</strong>en Überredungskünstenden Gefährten dazu, daß sie sich beide, um dem Tode zu entgehen,der Räuberschar anschließen. Sie leisten ihren Eid <strong>und</strong> werden<strong>in</strong> die Schar aufgenommen. Um die Abendzeit sucht der Teufeldas Weite <strong>und</strong> läßt den E<strong>in</strong>siedler bei den Räubern zurück. Soversrehen fünf Jahre, während deren der E<strong>in</strong>siedler schlimmer wird<strong>und</strong> mehr Menschen umbr<strong>in</strong>gt, als alle se<strong>in</strong>e anderen Genossen.Als die fünf Jahre um s<strong>in</strong>d, trifft es sich, daß der E<strong>in</strong>siedler amFeste Maria Himmelfahrt se<strong>in</strong>er Gewohnheit gemäß zwanzig Avebetet. Wie er nun Maria um ihre Fürsprache bei ihrem Sohnebittet, auf daß ihm Christus e<strong>in</strong> seliges Lebensende verleihe, datritt ihm e<strong>in</strong>e herrlich gekleidete Frau entgegen, die e<strong>in</strong>en w<strong>und</strong>erbarschönen Knaben auf ihrem Arme trägt. Bei ihrem Anblick kommtihm der Gedanke, sie zu berauben, um <strong>in</strong> den Besitz ihrer Kleidungzu kommen. Doch als er sie anfassen will, spricht der Knabe zuihm: „Du hast gesündigt, laß davon ab." Die Worte <strong>des</strong> Knabenerschrecken ihn, <strong>und</strong> er wendet sich an die vornehme Frau mitder Frage, woher sie sei, wer sie sei, <strong>und</strong> was sie hier wolle.Und sie antwortet: „Ich wünsche jeden Sünder zu Gott zurückzurufen,<strong>und</strong> ich b<strong>in</strong> jene Mutter, die du <strong>in</strong> de<strong>in</strong>em Gebete angerufenhast, <strong>und</strong> die alle Sünder, die Gnade suchen, aus ihren Sündenzur Besserung führen kann." Bei diesen Worten bricht der E<strong>in</strong>siedler<strong>in</strong> heiße Tränen aus, fällt ihr zu Füßen <strong>und</strong> bittet sie herz<strong>in</strong>nig,sie möchte ihn zu se<strong>in</strong>er Zelle zurückführen. Die selige

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