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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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Iglh<strong>und</strong>ert Mark auf den Tisch. Der Weise antwortete nur denSpruch: „Was du tust, tu es verständig <strong>und</strong> denk an das Ende."Da brechen alle <strong>in</strong> e<strong>in</strong> lautes Gelächter aus; der König aber erkenntden großen Wert dieses kurzen Wortes, <strong>und</strong> da es so teuerist, denkt er täglich daran <strong>und</strong> vergißt es nicht mehr. Im Gegenteil,er läßt es auf alle Le<strong>in</strong>enstücke, Handtücher, Tischtücher <strong>und</strong>Badetücher setzen. Nach e<strong>in</strong>iger Zeit aber wird an se<strong>in</strong>em Hofee<strong>in</strong>e Verschwörung angestiftet <strong>und</strong> se<strong>in</strong> Barbier gewonnen, ihnbeim Rasieren zu ermorden. Der Barbier aber hatte lesen gelernt.Auf göttliche Fügung nun hob er die Augen <strong>und</strong> sah, daß aufdem Bademantel <strong>des</strong> Königs die Worte standen: „Was du tust,tu es verständig <strong>und</strong> denk an das Ende." Da erschrak er <strong>und</strong>zitterte am ganzen Leibe. Das merkte der König, <strong>und</strong> er versprachihm, er wolle ihm nicht ungnädig werden, wenn er ihmerzählte, was er verschuldet habe. Der Barbier bekennt, was erbeabsichtigte. Der König aber verurteilt die Anstifter <strong>und</strong> rettetsich so. Se<strong>in</strong> Handeln aber <strong>und</strong> der Spruch s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> aller M<strong>und</strong>e,Und das kam alles nur daher, weil er Weisheit gekauft hatte.128.Von e<strong>in</strong>er Dirne, die e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>siedler verführen wollte.Es lebte e<strong>in</strong>st <strong>in</strong> Oberägj^pten e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>siedler, der ganz alle<strong>in</strong><strong>in</strong> der E<strong>in</strong>öde weilte. E<strong>in</strong> sündiges Weib hatte von se<strong>in</strong>er Sittenstrengegehört, <strong>und</strong> vom Teufel angestachelt sprach sie zu denJüngl<strong>in</strong>gen, die sie kannte: „Was wollt ihr mir geben, daß ichden E<strong>in</strong>siedler zu Fall br<strong>in</strong>ge?" Sie versprachen ihr e<strong>in</strong>e Geldsumme,<strong>und</strong> sie machte sich auf <strong>und</strong> g<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>es Abends, als obsie sich verirrt habe, vor die Hütte jenes Mannes Gottes, <strong>und</strong> alsdieser sie erblickte, sprach er: „Wie bist du hierher gekommen?"Sie aber antwortete mit we<strong>in</strong>ender Stimme: „Ich habe mich verirrt<strong>und</strong> kam hierher." Da erbarmte er sich ihrer <strong>und</strong> führte sie<strong>in</strong> den Vorraum, er jedoch begab sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Zelle <strong>und</strong> schloß sieh<strong>in</strong>ter sich. Sie aber rief: „Vater, hier werden mich die wildenTiere fressen !" Das brachte ihn <strong>in</strong> Verwirrung <strong>und</strong> Furcht, <strong>und</strong>er sprach zu sich: „Wehe mir! Hat sie der Zorn Gottes gesandt?"Dann öffnete er die Tür <strong>und</strong> ließ sie e<strong>in</strong>. Der Teufel aber begann,se<strong>in</strong> Herz zu verlocken, <strong>und</strong> als er das gewahr wurde, sprach9*

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