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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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100das Leben schenkte, den er im Kriege oder im Turnier verw<strong>und</strong>ethatte. Doch schließlich g<strong>in</strong>g er zu se<strong>in</strong>em Bruder <strong>und</strong> fragte ihn,was er zur Buße für se<strong>in</strong>e Sünden tun solle, <strong>und</strong> dieser versprachihm, er wolle von Gott e<strong>in</strong>en Rat se<strong>in</strong>etwegen erbitten. Und siehe,als er darum gebeten, erschien ihm e<strong>in</strong> Engel Gottes im Schlafe<strong>und</strong> gab ihm e<strong>in</strong> Gebet e<strong>in</strong>, das er se<strong>in</strong>em Bruder lehren sollte,<strong>und</strong> so würde er Verzeihung f<strong>in</strong>den.Es war aber das bekannte Gebetzu Maria: unversehrte usw. Der Bischof erwachte, ließ se<strong>in</strong>enBruder rufen <strong>und</strong> lehrt ihm das Gebet, <strong>in</strong>dem er ihn ermahnt, sichmit Leib <strong>und</strong> Seele der seligen Jungfrau Maria <strong>und</strong> ihrem hochgelobtenSohne Jesus Christus zu empfehlen. Der Ritter folgtihm <strong>in</strong> allem, <strong>und</strong> wenn er <strong>in</strong> den Kampf zieht, rüstet er sichdurch Gesänge, Gebete <strong>und</strong> gute Werke. Da kommt der Teufel<strong>in</strong> Menschengestalt <strong>und</strong> bietet sich dem Ritter zum Dienst an.Der Ritter nimmt ihn als Diener an, <strong>und</strong> alles sche<strong>in</strong>t, wenn esder neue Diener besorgt, gut auszuschlagen, wie es <strong>in</strong> der Geschichtevon Joseph erzählt wird. E<strong>in</strong>st kommt der Bischof zu se<strong>in</strong>emBruder zu Besuch; doch bei se<strong>in</strong>er Ankunft fehlt der Diener.Dem Ritter tut das leid, weil gerade dieser Diener sich so gutauf den Empfang von Gästen versteht. Er fragt nach ihm, aberman f<strong>in</strong>det ihn nirgends. Wie der Bischof hört, daß se<strong>in</strong> Bruderso oft nach ihm fragt, erk<strong>und</strong>igt er sich, wer der so begehrte<strong>und</strong> so unentbehrliche Diener sei. Da antwortet man ihm,das sei e<strong>in</strong> schöner Jüngl<strong>in</strong>g, der se<strong>in</strong>em ritterlichen Herrenschon große Dienste erwiesen habe. Und der Bischof fragt weiter,woher er sei, was er tue, was er esse, <strong>und</strong> wie er sich benehme.Und sie antworteten alle, das wüßten sie nicht. Schließlich f<strong>in</strong>detman den Jüngl<strong>in</strong>g doch <strong>und</strong> br<strong>in</strong>gt ihn vor den Bischof; zwarwill er entfliehen, aber man hält ihn fest. Der Bischof fragt ihn:„Woher bist du?" Er antwortet: „Siehst du nicht, daß ich e<strong>in</strong>Mensch b<strong>in</strong>?" Da spricht der Bischof: „Unter der Menschengestaltkann etwas Böses verborgen se<strong>in</strong>." Dann beschwört er ihn,die Wahrheit zu sagen. Da gesteht er, daß er der Teufel sei<strong>und</strong> nur auf den Augenblick gelauert habe, <strong>in</strong> dem se<strong>in</strong> Herrdas vorgeschriebene Gebet unterließe, um ihn dann alsbald zu erwürgen.Der Bischof befiehlt ihm, sich von dannen zu heben<strong>und</strong> niemanden zu verletzen. Und er verschw<strong>in</strong>det mit Gestank,<strong>in</strong>dem er das Dach <strong>des</strong> Hauses mit sich nimmt.

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