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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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4325.König Oswald <strong>und</strong> Simon der E<strong>in</strong>siedler.Man liest <strong>in</strong> den englischen Chroniken von dem Sohne e<strong>in</strong>esenglischen Königs, der se<strong>in</strong>em Vater <strong>in</strong> der Herrschaft nachgefolgtwar. Dieser vermählte sich mit der Tochter e<strong>in</strong>es Königs.Nach der Hochzeit sprach er im geheimen zu ihr: „Du weißt,liebste Schwester, daß der Sohn Gottes uns die Tür <strong>des</strong> Himmelsaufgeschlossen hat, wo wir unaufhörlich wohnen sollen, <strong>und</strong> daßer uns dorth<strong>in</strong> gerufen hat zu dem Gastmahle, das uns dortbereitet ist." Und die Jungfrau entgegnete: „Wenn dem so ist,liebster Jüngl<strong>in</strong>g, dann wollen wir uns darum bemühen <strong>und</strong> nichtzögern, so schnell als möglich dorth<strong>in</strong> zu kommen." DarauffuhrOswald fort: „So wollen wir den sichersten Weg erwählen, dender Jungfräulichkeit,<strong>und</strong> auch eifrig andere gute Werke verrichten.Das taten sie auch ; <strong>und</strong> sie führten e<strong>in</strong> Leben <strong>in</strong> Wachen, Fasten<strong>und</strong> Beten, so streng, daß selbst den E<strong>in</strong>siedlern Oswalds Lebenbew<strong>und</strong>ernswürdig erschien. E<strong>in</strong> heiligmäßiger E<strong>in</strong>siedler aber,Simon mit Namen, der auf e<strong>in</strong>em Baume sitzend zwanzig Jahrezugebracht hatte, ohne je herabzusteigen, bat e<strong>in</strong>st den Herrn, ermöchte ihm <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Gnade jenen Menschen zeigen, mit dem erim Himmel gleichen Lohnes teilhaftig werden solle. Und essprach der Herr zu ihm, daß er gleichen Lohn mit dem KönigeOswald erhalten solle. Da glaubte der E<strong>in</strong>siedler, daß all se<strong>in</strong>eBußübungen vergebens gewesen seien. E<strong>in</strong> Engel aber befahl ihm,ihn zu begleiten, <strong>und</strong> versprach ihm, ihn <strong>in</strong> <strong>des</strong> Königs Palastzu führen. Und sie g<strong>in</strong>gen dorth<strong>in</strong>. Der fromme Oswald aberwar durch e<strong>in</strong>e göttliche Unterweisung darauf vorbereitet. Und erlegte die königlichen Gewänder ab, unter denen er se<strong>in</strong> Büßergewandtrug, <strong>und</strong> legte sie Simon an, <strong>in</strong>dem er sprach, er wisse,daß ihn Gott zum Könige gemacht habe. Als aber Simon <strong>in</strong> demköniglichen Gewände zur Tafel g<strong>in</strong>g, da nahm die König<strong>in</strong>, wiesie gewohnt war, alle Speisen vom Tische weg <strong>und</strong> schickte sieden Armen. Schließlich wurde <strong>in</strong> der Asche gebackenes Brot gebracht,<strong>und</strong> die König<strong>in</strong> sprach: „Davon kannst du essen." Danng<strong>in</strong>g er zu Bett. Der Kämmerer <strong>des</strong> Königs aber kam <strong>und</strong>züchtigte ihn, wie er es gewohnt war, mit scharfen Ruten. Danndeckte er das herrliche Bett auf <strong>und</strong> legte ihn auf frische Nesseln.

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