12.07.2015 Aufrufe

Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

187wenn jemand vor ihna gelobt wird. Aber wir können den Verleumderauch mit e<strong>in</strong>em Schwe<strong>in</strong>e vergleichen. Das Schwe<strong>in</strong>meidet klares Wasser <strong>und</strong> wälzt sich <strong>in</strong> der schmutzigsten Pfütze.So w<strong>in</strong>det sich der Verleumder <strong>in</strong> Schmeicheleien <strong>und</strong> wird aufrichtigenGesprächen gram. Der Schmeichler gleicht auch <strong>in</strong>anderer Beziehung e<strong>in</strong>em H<strong>und</strong>e, da der H<strong>und</strong> drei Eigenschaftenbesitzt, die man auch dem Verleumder zuschreibt. Zuerst gleichter dem H<strong>und</strong>e <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Treulosigkeit. Treulos ist er wie jenerH<strong>und</strong>, den e<strong>in</strong> Graf mehr liebte als vier tote Pferde, weil diePferde eher tot aus dem Hofe ihres Herrn herausgebracht, alsdaß e<strong>in</strong> Pferd lebend h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gebracht würde ^). So steht es auchmit dem Ungerechten, der traurig ist, wenn es se<strong>in</strong>em Herrn gutgeht, <strong>und</strong> der sich über se<strong>in</strong> Unglück freut. Von solchen Menschenspricht Hieronymus: „Wer se<strong>in</strong>en Nächsten haßt, übertritt GottesGebote." Wer das tut, verdient strenge Strafe <strong>in</strong> Ewigkeit mitden Sündern. Die zweite Eigenschaft <strong>des</strong> Hun<strong>des</strong> ist die Habsucht.Denn er rauft sich unter dem Tische um e<strong>in</strong>en Knochenebenso gut mit se<strong>in</strong>er Mutter wie mit e<strong>in</strong>em fremden H<strong>und</strong>e. Sostreitet sich der Habsüchtige mit Vater <strong>und</strong> Mutter, wenn sie alt<strong>und</strong> arm geworden s<strong>in</strong>d, <strong>und</strong> lieber sieht er sie unter der Erdeals über der Erde, um mit ihnen nur ke<strong>in</strong>e Sorge zu haben.Solche Leute kümmern sich nicht um Gottes Gebot, der im Gesetzvorschreibt: „Du sollst Vater <strong>und</strong> Mutter ehren, auf daß dulange lebest auf Erden." Der heilige Thomas spricht: „Ehrede<strong>in</strong>e Mutter; denke daran, wie viel sie für dich duldete, als siedich trug." Die Glosse sagt: „Wahrhaftig, der Geiz alle<strong>in</strong> läßtden Sohn se<strong>in</strong>en leiblichen, se<strong>in</strong>en geistigen, se<strong>in</strong>en himmlischenVater verachten." Daher spricht der heilige Bernhard: „Weheeuch Habgierigen <strong>und</strong> Geizigen <strong>und</strong> euch wahnwitzigen K<strong>in</strong>dernAdams, die ihr Keichtümer sucht <strong>und</strong> sündhaft euer Gut verwahrt,da doch die Seligkeit den Armen versprochen ist!" Die dritteEigenschaft <strong>des</strong> Hun<strong>des</strong> ist se<strong>in</strong>e Böswilligkeit <strong>und</strong> Frechheit, dae<strong>in</strong> H<strong>und</strong> leicht e<strong>in</strong>en anderen jagt <strong>und</strong> ihn durch Gebell <strong>und</strong>Bisse plagt. Das Gleiche tut der Verleumder, der mit dem M<strong>und</strong>e<strong>in</strong>s Gesicht fre<strong>und</strong>lich ist, während er im Herzen h<strong>in</strong>ter demRücken gehässig denkt. Daß wir vor solchen Sünden bewahrt^) E<strong>in</strong> Pferd sträubt sich, den Herrn zu wechseln.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!