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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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133Zuneigung <strong>des</strong> Volkes abniilim <strong>und</strong> das Kloster bei weitem nichtmehr so viele Geschenke <strong>und</strong> Gaben erhielt wie früher, <strong>und</strong> sogerieten die Mönche <strong>in</strong> große Armut. Wie sie nun <strong>in</strong> immergrößere Dürftigkeit gerieten <strong>und</strong> schon am Nötigsten Mangelhatten, ohne daß die Brüder den Gr<strong>und</strong> dafür erkannten, antwortetee<strong>in</strong>er von den Ältesten auf ihre Fragen: „E<strong>in</strong>st lebte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emKloster e<strong>in</strong> Bruder mit Namen Gabe. Der Abt aber war habgierig<strong>und</strong> trieb den Bruder h<strong>in</strong>aus. Alsbald verließ auch<strong>des</strong> Vertriebenen Bruder das Kloster, um ihm zu folgen. Unddieser Bruder hieß Gegengabe." Die Brüder aber verstanden se<strong>in</strong>Gleichnis nicht. Daher fuhr er fort: „Als wir gaben, gab manuns. Seitdem wir nichts mehr geben, bekommen wir auch nichts.Das ist die Ursache unserer Armut."131.Wie Petrus Telonarius zur Freigebigkeit beitehrt wurdeMan liest von Petrus Telonarius, der zunächst am Hofe <strong>des</strong>Kaisers von Konstant<strong>in</strong>opel lebte, daß er nie Almosen gab. E<strong>in</strong>stg<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> Armer mit anderen, die ihn dazu reizten, e<strong>in</strong>e Wettee<strong>in</strong>, daß er doch etwas von ihm erhalten würde. Und er tratPetrus, als dieser aus der Kirche kam, <strong>in</strong> den Weg <strong>und</strong> bettelteso lange, bis ihm dieser e<strong>in</strong>e Münze <strong>in</strong>s Gesicht warf. Im Schlafekam es aber dem Petrus vor, als ob er vor das Gericht Gottesgeführt würde, <strong>und</strong> als die Teufel all se<strong>in</strong>e bösen Werke <strong>in</strong> dieWagschale legten, wurde die Münze, die er im Unwillen dem Armenentgegengeschleudert hatte, alle<strong>in</strong> auf die andere Wagschale gelegt,<strong>und</strong> sie wog alle bösen Taten auf. Als Petrus erwachte,gab er all se<strong>in</strong>e Güter den Armen. Zuletzt schenkte er e<strong>in</strong>emarmen Nackten noch se<strong>in</strong> eigenes Gewand. Später aber sah erdieses Gewand beim Trödler zum Verkauf ausgestellt. Darüberwurde er unwillig. In der Nacht jedoch sprach e<strong>in</strong>e Stimme zuihm: „Kümmere dich nicht darum, was die Leute mit diesenGaben beg<strong>in</strong>nen; gib sie ihnen nur <strong>in</strong> guter Ges<strong>in</strong>nung." Als eraber alles weggegeben hatte, zwang er zuletzt se<strong>in</strong>en Sklaven, ihnselbst zu verkaufen <strong>und</strong> den Erlös unter die Armen zu verteilen.

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