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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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169Menschen Leben zu verstehen, der e<strong>in</strong>en vernünftigen Verstandhat, nach freier Entscheidung das Gute wie das Böse zu tun.Wählt er das Gute, so verdient er das Reich Gottes, das Böse aberbr<strong>in</strong>gt ihm die Hölle e<strong>in</strong>. So spricht der heilige Bernhard:„0 Knecht, Geschöpf Gottes, teures Gefäß der Weisheit, Bild derGottheit, der du die kostbare Vernunft besitzt, warum wen<strong>des</strong>t dudich ab von de<strong>in</strong>em Schöpfer?" Auf diese Weise entehrt er dieTochter <strong>des</strong> Königs durch die Lüste se<strong>in</strong>es Leibes. Daher sprichtder heilige Hugo: „Die Wollust ist der Anfang aller Laster, sieschwächt den Körper, untergräbt die Kräfte, raubt den Besitz, verdirbtden Menschen, verdammt die Seele, <strong>und</strong> die Vernunft wirddurch die Maßlosigkeit der Lü^te so betört, daß der Mensch zumunvernünftigen Tiere wird." Das aber soll der Mensch wieder gutmachendurch Beicht, Reue <strong>und</strong> Genugtuung, denn dui"ch diesedrei wird der Sünder wiedergeboren <strong>und</strong> die Seele, Christi Tochter,vom Tode befreit <strong>und</strong> <strong>in</strong> die ewige Seligkeit geführt.174.Wie Maria e<strong>in</strong>e Sünder<strong>in</strong> vor der Verdammnis bewaiirte.Der heilige Bernhard berichtet folgende w<strong>und</strong>erbare Geschichte.E<strong>in</strong>st lebte e<strong>in</strong>e Nonne, die gewöhnt war, den Namen Jesu häufiganzurufen. Die ließ sich von e<strong>in</strong>em Kleriker verführen <strong>und</strong> wurdee<strong>in</strong>e öffentliche Dirne. So lebte sie verstockt fünfzehn Jahre. Sietat nichts Gutes sonst, doch aus alter Gewohnheit führte sie auchjetzt den Namen Jesu noch oft im M<strong>und</strong>e <strong>und</strong> feierte den Sonnabenddurch Fasten <strong>und</strong> eifriges Gebet <strong>und</strong> hielt sich <strong>in</strong> dieserNacht frei von ihrer Sünde; am Vorabend <strong>des</strong> Festes Maria Lichtmeßaber g<strong>in</strong>g sie aus der Stadt h<strong>in</strong>aus, um so vor der Sündebesser geschützt zu se<strong>in</strong>; jene Nacht brachte sie dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erScheune auf dem Gute e<strong>in</strong>es Bürgers zu. Als sie dort e<strong>in</strong>st feste<strong>in</strong>geschlafen war, da kam es ihr im Traume vor, als obder Tag <strong>des</strong> Gerichtes gekommen sei <strong>und</strong> Gott auf dem Thronesitze <strong>und</strong> die Sünder nirgends e<strong>in</strong>e Zuflucht f<strong>in</strong>den könnten. Daerblickt sie <strong>in</strong> dem Dorfe e<strong>in</strong>e Kirche, die der seligen JungfrauMaria geweiht ist <strong>und</strong> <strong>in</strong> die die Menschen e<strong>in</strong>treten; <strong>und</strong> jederder e<strong>in</strong>gelassen wird, f<strong>in</strong>det dort Trost <strong>und</strong> Rettung; wer aber

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