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Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

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145gegen. Zweitens folgten se<strong>in</strong>em Wagen alle Gefangenen mit aufden Rücken geb<strong>und</strong>enen Händen. Drittens fuhr der Sieger aufe<strong>in</strong>em Wagen sitzend, angetan mit dem Gewände <strong>des</strong> Jupiter, gezogenvon vier weißen Pferden bis zum Kapitol. Doch damit derTriumphator bei diesen Ehren nicht hochmütig würde, mußte eran jenem Tage auch drei Ungelegenheiten erdulden. Die erstewar,daß man zu ihm auf den Wagen e<strong>in</strong>en Menschen aus niedrigemStande stellte, damit jeder auch noch so e<strong>in</strong>fache Mensch dieHoffnung haben könnte, auch zu solchen Ehren zu gelangen, wenner es durch se<strong>in</strong>e Tüchtigkeit verdiente ; die zweite war, daß dieserSklave ihm beständig Backenstreiche geben mußte, damit er nichtallzu übermütig würde, <strong>und</strong> ihm zurufen mußte: „Erkenne dichselbst! Sieh h<strong>in</strong>ter dich! Er<strong>in</strong>nere dich, daß du e<strong>in</strong> Mensch bist!"Die dritte war, daß an jenem Tage e<strong>in</strong> jeder über den Siegerreden durfte, was er wollte; auch Schmähungen standen ihm frei.145.Von der Armut <strong>des</strong>Alanus.Der große Lehrer Alanus lebte bei all se<strong>in</strong>er Vortrefflichkeit<strong>in</strong> äußerster Armut. E<strong>in</strong>st erhielt er von e<strong>in</strong>em früheren Schüler,der Bischof geworden war, e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>ladung zum Frühstück. Alsdieser sah, wie dürftig Alanus lebte, sprach er zu ihm: „Meister,ich w<strong>und</strong>re mich nicht wenig, daß eure Schüler alle so großeMänner geworden s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong>er Abt, e<strong>in</strong> anderer Bischof, e<strong>in</strong> dritterErzbischof, während ihr <strong>in</strong> solcher Armut leben müßt." Der MagisterAlanus aber antwortete: „Ihr wißt nicht, wie ich höre, wor<strong>in</strong><strong>des</strong> Menschen wahre Größe beruht. Nicht der Bischof ist e<strong>in</strong>großer Mann, sondern der Magister oder Kleriker. Und das istleicht zu beweisen; denn Bischof kann man durch die Wahl dreierSchurken werden; e<strong>in</strong>e Obrigkeit kann nicht gewählt werden,sondern nur von Gott, dem Schöpfer aller Menschen, ausgewählt werden.Und so wird man auch nicht e<strong>in</strong> guter Kleriker oder e<strong>in</strong> großerMagister durch Wahl, <strong>und</strong> wenn alle Heiligen <strong>und</strong> die ganze Welte<strong>in</strong>stimmig riefen: »Mart<strong>in</strong> ist e<strong>in</strong> guter Kleriker.«" Und er fuhrfort: „Nun will ich euch beweisen, daß der Arme der König <strong>und</strong>Kaiser der ganzen Welt ist. Denn wie mächtig auch e<strong>in</strong>er ist,Klapper, Erzählungen <strong>des</strong> <strong>Mittelalters</strong> 10

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