12.07.2015 Aufrufe

Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

41<strong>in</strong> derselben Gesalt, <strong>in</strong> der er von ihm gewichen war, von weitemum ihn schweben. Und so verg<strong>in</strong>g auch die zweite Bußwoche.Da sah er den heiligen Geist nahe heranschweben. Und als erdie dritte Woche beendet hatte, setzte sich die Taube auf se<strong>in</strong>eSchultern <strong>und</strong> blieb dort. Nach der vierten Woche endlich saher, wie der heilige Geist wieder <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en M<strong>und</strong> zurückschwebte.Und so wurde er standhafter als vorher <strong>in</strong> der Liebe <strong>und</strong> FurchtGottes, <strong>und</strong> nach kurzer Zeit starb er <strong>und</strong> g<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> zum Herrn.22.Von dem ewigen Lohne der Prediger.Man liest von e<strong>in</strong>em Priester <strong>und</strong> guten Prediger, daß er imSterben lag. Da beschwor ihn e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er Fre<strong>und</strong>e im Herrn,er möchte ihm am dreißigsten Tage nach se<strong>in</strong>em Tode ersche<strong>in</strong>en<strong>und</strong> k<strong>und</strong>tun, wie es ihm gehe, Als nun dieser Fre<strong>und</strong> <strong>des</strong>Priesters am dreißigsten Tage im Gebete verweilte, da erschienihm der Tote <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em purpurnen Mantel, der ganz mit Goldgeschmeidengeschmückt war. E<strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>od aber, das unvergleichlichschöner als die anderen war, trug er auf der Brust. Und derFre<strong>und</strong> fragte ihn, wie es ihm g<strong>in</strong>ge, worauf ihm der Tote erwiderte,es gehe ihm sehr gut. Auf die Frage aber, warum ere<strong>in</strong> so herrliches Gewand trage, entgegnete er: „Dieses Purpurgewandtrage ich <strong>des</strong>wegen, weil ich me<strong>in</strong>en Nächsten <strong>in</strong> <strong>in</strong>nigerLiebe geliebt habe ;die Zahl der .Edelste<strong>in</strong>e aber, die ich erhielt,ist der Zahl derer gleich, die ich bekehrte; <strong>und</strong> der große Edelste<strong>in</strong>,den ich auf der Brust trage <strong>und</strong> der alle andern an Prachtübertrift't, ist mir verliehen, weil ich e<strong>in</strong>en Sünder bekehrte, an<strong>des</strong>sen Kettung alle Menschen verzweifelten." Der Fre<strong>und</strong> aberfragte weiter: „Sage mir, wie es unseren Pfarrern <strong>und</strong> Geistlichenergeht." Und der Tote erwiderte: „Nur wenige w^erden selig,weil sie mit den ihnen anvertrauten Seelen den breiten Weg, derzur Hölle führt, so anfüllen, daß er kaum noch jemanden zufassen vermag. Denn sie s<strong>in</strong>d von solcher Habsucht beseelt, daßsie sich um die Seelen ihrer Geme<strong>in</strong>de nicht im ger<strong>in</strong>gsten bemühen,wenn sie nur das Geld der ihnen anvertrauten Menschengew<strong>in</strong>nen. Und dieser Zustand ist äußerst gefährlich, weil siedie Mittel, die sie für die Armen verwenden sollten, für ihre

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!