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Migration und Integration - RatSWD

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Soziale Strukturbildung durch <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> <strong>Integration</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Integration</strong>sleistungen erheblich gekürzt wurden. Andererseits wurden die<br />

Einbürgerungsrechte für Ausländer schon mit dem Ausländergesetz von 1990<br />

erheblich verbessert <strong>und</strong> sodann im Jahre 2000 der bis dahin allein herrschende<br />

Leitgedanke des Abstammungsrechtes (ius sanguinis) mit der Einführung von Elementen<br />

des Bodenrechtes (ius soli) abgeschwächt. Mit den Beschränkungen des Aussiedlerzuzugs<br />

<strong>und</strong> der Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit (auf Zeit bis<br />

zur endgültigen Entscheidung für die deutsche oder eine ererbte andere Staatsangehörigkeit)<br />

auf Gr<strong>und</strong> der Geburt in Deutschland ist ein wichtiger Schritt in der<br />

Staatsbildungsgeschichte in Deutschland getan: Staatsgebiet <strong>und</strong> Bevölkerung können<br />

allmählich deckungsgleich werden.<br />

Verändertes Selbstverständnis des sozialen Rechtsstaates<br />

Die Massenzuwanderung der Aussiedler, die mit dem Zusammenbruch des „Ostblocks”<br />

einsetzte, unterstützte das allmähliche Verschwinden ethno-nationaler<br />

Elemente im Selbstverständnis des Sozialstaates: In den 1950er Jahren galt der<br />

Einbezug der Flüchtlinge <strong>und</strong> Vertriebenen in die sozialstaatlichen Systeme als<br />

Frage der solidarischen nationalen „Schicksalsgemeinschaft” im Gefolge der<br />

Katastrophe des Zweiten Weltkrieges. Ähnliches galt bis zum Ende des Kalten<br />

Krieges für die Akzeptanz von Ost-West-Flüchtlingen <strong>und</strong> Aussiedlern als<br />

„Abstimmung mit den Füßen” in der Konkurrenz der politischen Systeme. Seit<br />

dem Ende des Kalten Krieges <strong>und</strong> schon im Kontext des deutschen Vereinigungsprozesses<br />

besaß eine solche Semantik immer weniger Mobilisierungskraft, auch<br />

wenn ethno-nationale Mentalitäten mit den zuwandernden Aussiedlern („Deutsche<br />

unter Deutschen”) zeitweise wieder an Boden zu gewinnen schienen. Gravierende<br />

Einschnitte bei den sozialen Leistungen für die im rechtlichen Sinn nur<br />

„einreisenden”, im soziokulturellen Sinne aber einwandernden Aussiedler riefen<br />

öffentlich kaum noch Bedenken hervor. Anerkannte Aussiedler/Spätaussiedler<br />

wurden nach <strong>und</strong> nach zu einer Einwanderergruppe unter anderen, die aus historischen<br />

Gründen ein Recht auf die deutsche Staatsbürgerschaft <strong>und</strong> den Zutritt<br />

zum deutschen Territorium hat. Der soziale Rechtsstaat schränkte seine Verantwortung<br />

für die nach 1992 Geborenen zeitlich <strong>und</strong> im Umfang ein <strong>und</strong> lässt die<br />

historisch im geteilten nationalen Schicksal begründete Leistungs- <strong>und</strong> Loyalitätsbeziehung<br />

auslaufen. Zum Zeitpunkt der massenhaften Aussiedlerzuwanderung<br />

hatte sich die nationale Gemeinschaft der 1950er Jahre zu einer Gemeinschaft<br />

legitimer Wohlfahrtsempfänger gewandelt, die sich nicht mehr primär<br />

national oder gar ethno-national, sondern über die Wechselseitigkeit von Leistung<br />

<strong>und</strong> Gegenleistung definierte. Dies schloss den Teil der ausländischen<br />

Bevölkerung Deutschlands ein, der eine Karriere als Beitragszahler vorzuweisen<br />

hatte, wohingegen die neu einwandernden Aussiedler nicht länger fraglos als<br />

legitime Wohlfahrtsempfänger galten (Bommes 2000).<br />

<strong>Integration</strong> als gruppenübergreifende kommunale Aufgabe<br />

Mit der Herausnahme aus zahlreichen Leistungen der damaligen B<strong>und</strong>esanstalt<br />

für Arbeit <strong>und</strong> der Streichung einer Reihe vormaliger Kompensationsleistungen<br />

fielen die Aussiedler/Spätaussiedler seit 1994 in vieler Hinsicht in die sozialpolitische<br />

Zuständigkeit der Kommunen. Ein Effekt dieser von B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Ländern auch<br />

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