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Migration und Integration - RatSWD

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<strong>Integration</strong>: Chancen <strong>und</strong> Herausforderungen<br />

rung kann einen doppelten Effekt haben: Zum einen kann deutlich gemacht werden,<br />

dass ohne Einbürgerung keine vollwertige politische Teilhabe möglich ist,<br />

zum anderen, dass Eingebürgerte mehr Einfluss haben, weil ihre Anliegen eher von<br />

den politischen Parteien aufgenommen werden. Gleichwohl sollte aber auch der<br />

Verzicht auf eine Einbürgerung, für die im individuellen Fall durchaus nachvollziehbare<br />

Gründe vorliegen können, beispielsweise ungeklärte Rechtsfragen im<br />

Familien- <strong>und</strong> Erbrecht, nicht als fehlende <strong>Integration</strong>sbereitschaft der Zuwanderer<br />

verstanden werden.<br />

Politische Entscheidungen fördern oder begrenzen auf vielfältige Weise die <strong>Integration</strong>.<br />

Umgekehrt nehmen Migranten in unterschiedlichem Ausmaß an politischen<br />

Prozessen teil. Indikatoren für eine <strong>Integration</strong> im Bereich der politischen<br />

Beteiligung sind zum einen die formale Möglichkeit der Beteiligung (beispielsweise<br />

an Kommunal-, Ausländerbeirats- oder Betriebsratswahlen) oder die Mitgliedschaft<br />

in Parteien <strong>und</strong> Gewerkschaften, zum anderen die tatsächliche Wahrnehmung<br />

dieser Möglichkeiten (ausgedrückt in Wahlbeteiligungen, Mitgliederzahlen,<br />

der Übernahme von Funktionen u.ä.) oder die Zahl der migrantenspezifischen Parteien<br />

<strong>und</strong> Verbände.<br />

Religion ist in vielfacher Hinsicht für die Lebensführung bedeutsam. Als Indikatoren<br />

für kulturelle Akzeptanz <strong>und</strong> Toleranz in einer Einwanderungsgesellschaft können<br />

Ausmaß <strong>und</strong> Vielfalt der religiösen Organisationen sowie des Vorhandenseins<br />

von Kirchen, Moscheen, Synagogen oder Tempeln sowie das Angebot von Religionsunterricht<br />

an staatlichen Schulen gelten. Religion hat im Zusammenhang von<br />

<strong>Migration</strong> <strong>und</strong> <strong>Integration</strong> eine ambivalente Bedeutung. Religiöse Orientierungen<br />

können Deutungsmuster für die individuelle Verarbeitung von <strong>Integration</strong>sproblemen<br />

bieten <strong>und</strong> damit als <strong>Integration</strong>shilfen wirken. Bestimmte Formen der religiösen<br />

Orientierung <strong>und</strong> Organisation können aber auch Zeichen für misslingende<br />

<strong>Integration</strong> sein, sofern damit Gr<strong>und</strong>werte des Aufnahmelandes wie z.B. die Legitimität<br />

staatlicher Souveränität oder die Gleichberechtigung von Mann <strong>und</strong> Frau in<br />

Frage gestellt werden.<br />

Der Kopftuchstreit: Beispiel für schwierige Balance in der Praxis<br />

Ein Beispiel für die in der Praxis schwierige Balancierung von Anpassungs<strong>und</strong><br />

Akzeptanzleistung ist der seit einiger Zeit nicht nur in Deutschland ausgetragene<br />

Streit, ob Lehrerinnen an staatlichen Schulen das Tragen eines<br />

Kopftuchs erlaubt werden soll. Das B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht war der Auffassung,<br />

dass dem Kopftuch eine Signalwirkung zukomme, die sich nicht mit<br />

dem staatlichen Neutralitätsgebot vereinbaren lasse. Das daraufhin von<br />

einer Klägerin angerufene B<strong>und</strong>esverfassungsgericht erklärte ein Kopftuchverbot<br />

im Unterricht prinzipiell als zulässig, verlangte aber von den Länderparlamenten<br />

entsprechende gesetzliche Regelungen. Dabei wies das Gericht<br />

darauf hin, dass christliche Bezüge in der öffentlichen Schule nicht verboten<br />

seien, die Schule aber für andere religiöse Inhalte <strong>und</strong> Werte offen sein müsse.<br />

Außerdem müssten Angehörige unterschiedlicher Religionsgemeinschaften<br />

gleich behandelt werden. Die Länder reagierten unterschiedlich;<br />

einige Länder haben bereits entsprechende Gesetze zum Verbot von Kopftüchern<br />

verabschiedet.<br />

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