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Migration und Integration - RatSWD

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Einführung: Aufnahme- <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>skapazitäten<br />

<strong>Integration</strong> der Zuwanderer ausschließlich oder doch ganz überwiegend beim Staat<br />

liege. Auf diese Weise werden <strong>Integration</strong>sgestaltung <strong>und</strong> <strong>Migration</strong>ssteuerung<br />

jeweils einseitig <strong>und</strong> damit falsch miteinander verknüpft; denn fortschreitende <strong>Integration</strong><br />

ist heute Ergebnis von beidem: von eigendynamischer Entwicklung <strong>und</strong> von<br />

integrationspolitisch fördernder <strong>und</strong> fordernder Begleitung.<br />

In jüngster Zeit wird zudem die irrige Auffassung geäußert, dass aus den unverkennbaren<br />

<strong>Integration</strong>sdefiziten von Teilen der Zuwandererbevölkerung gefolgert werden<br />

müsse, dass Zuwanderer prinzipiell auf Dauer mehr kosten als nutzen. Daher müsse<br />

möglichst jede weitere Zuwanderung verhindert werden. In dieser vereinzelt auch<br />

von Wissenschaftlern vertretenen Argumentation, die – wie in diesem Jahresgutachten<br />

gezeigt wird – auch im Hinblick auf die <strong>Migration</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>sgeschichte<br />

der zurückliegenden Jahrzehnte in dieser Pauschalität unzutreffend ist, werden die<br />

<strong>Integration</strong>sdebatte <strong>und</strong> die Diskussion über die Leistungsfähigkeit des Sozialstaates<br />

verb<strong>und</strong>en. In diesem Zusammenhang werden die Zuwanderer oft unzulässigerweise<br />

(nämlich in Verkehrung von Ursache <strong>und</strong> Wirkung) für die ungelösten Reform- <strong>und</strong><br />

Verteilungsprobleme der sozialen Sicherung verantwortlich gemacht.<br />

Des Weiteren wird die Finanzierbarkeit von <strong>Integration</strong>smaßnahmen zuweilen mit<br />

der Begründung in Frage gestellt, dass die zur Verfügung stehenden Mittel für <strong>Integration</strong>smaßnahmen<br />

mit Blick auf die Struktur der laufenden Zuwanderungen noch<br />

nicht einmal für die <strong>Integration</strong> der Neuzuwanderer ausreichten – für eine nachholende<br />

<strong>Integration</strong> der bereits in Deutschland lebenden Zuwanderer mithin erst recht<br />

nicht. Außerdem wird gelegentlich behauptet, die in der Tat beobachtbare starke<br />

räumliche Konzentration auf bestimmte städtische Gebiete verwandle <strong>Integration</strong><br />

zwangsläufig in „Desintegration“ <strong>und</strong> trage zur Entstehung homogener ethnischer<br />

Enklaven oder gar „Ghettos“ bei. Die Bewohner solcher Siedlungsdistrikte hätten kein<br />

Interesse mehr an einer <strong>Integration</strong> in die Gesellschaft, sondern bildeten „Parallelgesellschaften“,<br />

die für <strong>Integration</strong>smaßnahmen immer weniger erreichbar seien. Auch<br />

diese Positionen sind in dieser Pauschalität nicht zutreffend. Es gilt, für solche krisenhafte<br />

Entwicklungen im Spannungsfeld der <strong>Integration</strong> zureichend differenzierte<br />

Begrifflichkeiten zu verwenden <strong>und</strong> die damit angesprochenen Probleme in die <strong>Integration</strong>spolitik<br />

einzubeziehen. Dabei muss solchen Entwicklungen verstärkt entgegen<br />

gewirkt werden, <strong>und</strong> Modelle wie die „Soziale Stadt“ sind auszubauen.<br />

Dies sind nur wenige Beispiele für die Vielschichtigkeit <strong>und</strong> Problematik der aktuellen<br />

Debatte über Zuwanderung <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>, die insgesamt von einem zunehmenden<br />

Interesse an Information <strong>und</strong> Argumentation geprägt ist. Dabei wächst auch die Aufmerksamkeit<br />

für das von Akzeptanz getragene, positive <strong>Migration</strong>sverständnis erfolgreicher<br />

<strong>und</strong> leistungsfähiger Staaten. Gleichwohl dominiert in Deutschland noch<br />

immer ein negatives, nicht auf die Chancen, sondern auf die Risiken von Zuwanderung<br />

abstellendes <strong>Migration</strong>sverständnis. Es wird zunehmend wahrgenommen, dass<br />

ein modernes, selbstbewusstes <strong>und</strong> an Vielfalt orientiertes Selbstbild, wie es beispielsweise<br />

die USA <strong>und</strong> Kanada vertreten, einen Vorteil auch im weltweiten Wettbewerb<br />

um die größte Anziehungskraft für hoch qualifizierte Migranten darstellt, <strong>und</strong> dass<br />

umfassende <strong>Integration</strong>skonzepte helfen können, gesellschaftliche Potenziale besser<br />

zu nutzen.<br />

Auch wenn bislang nur in wenigen EU-Ländern (wie insbesondere in den Niederlanden<br />

<strong>und</strong> Schweden) in sich schlüssige, neue <strong>Integration</strong>skonzepte entwickelt worden<br />

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