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Migration und Integration - RatSWD

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Besondere Konfliktbereiche bei der <strong>Migration</strong>ssteuerung <strong>und</strong> der <strong>Integration</strong>sgestaltung<br />

Als Beispiel für die widersprüchliche Wirkung von Zuwanderungsbegrenzung sei<br />

erneut der zwischen 1993 <strong>und</strong> 2002 um 14,1 Prozent gesunkene Anteil der Nichtdeutschen<br />

an allen polizeilich ermittelten Tatverdächtigen angeführt. Dieser Rückgang<br />

ist vor allem auf den Asylkompromiss des Jahres 1993 zurückzuführen, denn<br />

die Zahl der als tatverdächtig registrierten Asylbewerber sank zwischen 1993 <strong>und</strong><br />

2002 von ca. 160.000 auf ca. 51.000, da sich auch die Gesamtzahl der Asylbewerber<br />

seit dem Asylkompromiss deutlich verringerte (Gutachten Pfeiffer et al.). Nach dem<br />

ersten periodischen Sicherheitsbericht des B<strong>und</strong>esinnenministeriums hatte die<br />

Beschränkung der legalen Zuwanderung jedoch gleichzeitig einen Anstieg der illegalen<br />

<strong>Migration</strong> zur Folge (BMI/BMJ 2001: 331). Verstärkte Grenzsicherungsmaßnahmen<br />

haben dazu geführt, dass immer mehr Einreisewillige die Hilfe von Schleuserorganisationen<br />

in Anspruch nehmen (vgl. Kap. 8.2). Diese unbeabsichtigten Folgen<br />

der Zuwanderungssteuerung schlagen sich auch in Kriminalität nieder: 2002<br />

hielt sich jeder fünfte nicht deutsche Tatverdächtige (19,9 Prozent) illegal in<br />

Deutschland auf, in den neuen Ländern war es fast jeder Zweite (41,7 Prozent). Die<br />

auf den ersten Blick brisante Aussage wird jedoch dadurch relativiert, dass bei den<br />

Tatverdächtigen mit illegalem Aufenthalt 91,9 Prozent gegen das Ausländer- <strong>und</strong><br />

Asylverfahrensgesetz verstoßen haben – dies hat also nichts mit einer erhöhten Kriminalitätsneigung<br />

illegaler Zuwanderer zu tun.<br />

Die Organisierte Kriminalität, darunter Menschenhandel <strong>und</strong> -schmuggel (vgl.<br />

Kap. 8.1 <strong>und</strong> 8.2), stellt die staatliche Steuerung wegen ihres grenzüberschreitenden<br />

Charakters vor besondere Herausforderungen. In der öffentlichen Diskussion<br />

wird die Organisierte Kriminalität in einem besonders engen Zusammenhang mit<br />

<strong>Migration</strong> <strong>und</strong> innerer Sicherheit gesehen. Insgesamt aber ist die Anzahl der Tatverdächtigen,<br />

die mit Organisierter Kriminalität in Verbindung gebracht wurden,<br />

im Vergleich von 1996 <strong>und</strong> 2002 von 8.384 auf 6.864 Personen gesunken. Bemerkenswert<br />

dabei ist, dass dieser Rückgang überwiegend auf eine starke Abnahme<br />

der Zahl ausländischer Tatverdächtiger zurückzuführen ist (von 5.202 auf 3.816 Personen)<br />

<strong>und</strong> ihr Anteil damit von 62,2 Prozent (1996) auf 55,6 Prozent (2002) gesunken<br />

ist. Der nach wie vor hohe Anteil ausländischer Täter geht nicht zuletzt auf den<br />

grenzüberschreitenden Charakter <strong>und</strong> die internationalen Verflechtungen derartiger<br />

Straftaten zurück.<br />

Kriminalität als Folge mangelnder <strong>Integration</strong><br />

Kriminalität muss auch als Folge mangelnder <strong>Integration</strong> <strong>und</strong> damit als zentrale<br />

Herausforderung für <strong>Integration</strong>spolitik gesehen werden. Kriminalitätsbelastung<br />

ist so betrachtet ein Resultat sozialer Problemlagen <strong>und</strong> blockierter Lebensperspektiven.<br />

Entscheidend für die Kriminalitätsneigung sind individuelle<br />

Lebenslagen <strong>und</strong> soziales Milieu, nicht aber Staatsangehörigkeit oder <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong>.<br />

Allen kriminologischen Erkenntnissen zufolge sind soziale Unterschichten<br />

(auch bei Deutschen) in der registrierten Kriminalität generell stärker<br />

vertreten als andere soziale Schichten (Schwind 2004). Die oben beschriebenen<br />

Trends bei den Kriminalitätsdaten der Gruppe der sozial nicht integrierten „sonstigen<br />

Ausländer“ sowie der ausländischen Arbeitnehmer <strong>und</strong> Gewerbetreibenden<br />

unterstreichen, wie eng der Zusammenhang zwischen <strong>Integration</strong>serfolg<br />

<strong>und</strong> Kriminalitätsbelastung ist. Im Folgenden soll das Problem der Jugendkrimi-<br />

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