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Migration und Integration - RatSWD

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Einführung: Aufnahme- <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>skapazitäten<br />

Aufnahme- <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>skapazitäten<br />

Das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) „ermöglicht <strong>und</strong> gestaltet Zuwanderung unter<br />

Berücksichtigung der Aufnahme- <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>sfähigkeit“ der B<strong>und</strong>esrepublik (§ 1<br />

AufenthG). Damit hat dieses Begriffspaar eine zentrale Bedeutung in der deutschen<br />

<strong>Migration</strong>spolitik erhalten. Allerdings hat der Gesetzgeber nicht bestimmt, was<br />

darunter im Einzelnen zu verstehen ist. Aus dem Gesetz geht lediglich implizit hervor,<br />

dass eine Unterscheidung zwischen den Begriffen getroffen wird. Auch im Auftrag des<br />

Zuwanderungsrates spielen die Begriffe eine zentrale Rolle: Der Rat hat den Auftrag<br />

erhalten, „regelmäßig die innerstaatlichen Aufnahme- <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>skapazitäten<br />

darzustellen“ (§ 1 des Erlasses über die Errichtung eines Sachverständigenrates für<br />

Zuwanderung <strong>und</strong> <strong>Integration</strong> vom 2. April 2003). Der Zuwanderungsrat stellt sich<br />

dieser Aufgabe, indem er Aussagen über Aufnahme- <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>skapazitäten in<br />

konkreten Bereichen macht.<br />

Im Verständnis des Zuwanderungsrates bezeichnen die Begriffe „Aufnahmekapazitäten“<br />

<strong>und</strong> „<strong>Integration</strong>skapazitäten“ unterschiedliche, aber in engem Zusammenhang<br />

stehende Sachverhalte. Gr<strong>und</strong>sätzlich gilt, dass <strong>Integration</strong> eine Aufnahme der betreffenden<br />

Zuwanderer voraussetzt, dass aber eine Aufnahme nicht zwangsläufig mit längerfristigem<br />

oder dauerhaftem Aufenthalt sowie umfangreichen, auf langfristige<br />

oder dauerhafte <strong>Integration</strong> zielenden <strong>Integration</strong>smaßnahmen verb<strong>und</strong>en sein<br />

muss. Während die Aufnahmekapazitäten eines Landes die Fähigkeit betreffen, Menschen<br />

kurzfristig aufzunehmen, zu versorgen <strong>und</strong> zu betreuen (wie beispielsweise<br />

beim Schutz von Flüchtlingen <strong>und</strong> Vertriebenen in Massenfluchtsituationen),<br />

bezeichnen die <strong>Integration</strong>skapazitäten die Bereitschaft <strong>und</strong> die Fähigkeit, Zuwanderern<br />

langfristige bzw. dauerhafte Lebensperspektiven zu bieten.<br />

Eine präzise Abgrenzung beider Begriffe lässt sich nach Auffassung des Zuwanderungsrates<br />

angesichts der in der Praxis vielfältigen Übergänge zwischen den verschiedenen<br />

Wanderungsformen nicht vornehmen. Es ist gerade eine Charakteristik des<br />

weltweiten Wanderungsgeschehens, dass sich befristete <strong>und</strong> dauerhafte Wanderungen<br />

zunehmend vermischen. So nehmen beispielsweise die Fälle zirkulärer, d.h. wiederkehrender,<br />

<strong>Migration</strong> ebenso zu wie ein <strong>Migration</strong>sverhalten, bei dem Migranten<br />

nach einigen Jahren entgegen ihren ursprünglichen Plänen zurückwandern oder in<br />

andere Länder weiterziehen. Solche Wanderungen münden häufig in eine <strong>Integration</strong><br />

auf kurze bis mittlere Dauer, für die freilich ebenfalls die dazu erforderlichen,<br />

wenn auch in Umfang <strong>und</strong> Aufwand vielleicht beschränkteren, Eingliederungshilfen<br />

geboten werden müssen. Andererseits münden viele ursprünglich als befristet<br />

geplante Aufenthalte in eine dauerhafte Einwanderung, wie dies beispielsweise in<br />

Deutschland bei vielen der seit Mitte der 1950er Jahre zunächst befristet angeworbenen<br />

so genannten „Gastarbeitern“ der Fall war. Hier sind Angebote zur nachholenden<br />

<strong>Integration</strong> notwendig, um die – ursprünglich wegen des nur auf Zeit geplanten Aufenthaltes<br />

weder von den Zuwanderern noch von der Aufnahmegesellschaft erstrebte<br />

– dauerhafte <strong>Integration</strong> nun im Rahmen des Möglichen doch noch durch geeignete<br />

<strong>Integration</strong>shilfen zu unterstützen.<br />

In der öffentlichen Debatte wird das Begriffspaar Aufnahme- <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>skapazitäten<br />

vornehmlich restriktiv verstanden, entsprechend der ebenso weit verbreiteten<br />

wie unzutreffenden Gleichsetzung von Zuwanderung mit hoher Arbeitslosigkeit,<br />

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