08.06.2014 Aufrufe

Migration und Integration - RatSWD

Migration und Integration - RatSWD

Migration und Integration - RatSWD

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Soziale Strukturbildung durch <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> <strong>Integration</strong><br />

politische Programme <strong>und</strong> Entscheidungen zu übersetzen. Eigenständige Vertriebenenverbände,<br />

die in verschiedenen Phasen der deutschen Außen- <strong>und</strong> Innenpolitik<br />

noch über das Zurücktreten der Ersten Generation hinaus eine durchaus bedeutsame<br />

Rolle gespielt haben, sind zwar nicht verschw<strong>und</strong>en, doch sind die Formen des<br />

politischen Interessenausgleichs, wie sie die B<strong>und</strong>esrepublik kennzeichnen, ganz<br />

wesentlich auch durch die Bewältigung der <strong>Integration</strong>sprobleme der Flüchtlinge<br />

<strong>und</strong> Vertriebenen entstanden. Ähnlich wird die Berücksichtigung unterschiedlicher<br />

Interessenlagen von Zuwanderern in den etablierten politischen Organisationsformen<br />

in dem Maße an Bedeutung gewinnen, in dem sich Migranten in der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

einbürgern lassen – wobei die politische Berücksichtigung ihrer Belange den<br />

etablierten Parteien ja auch Wählerstimmen verspricht.<br />

Beitrag zur religiösen Säkularisierung <strong>und</strong> Pluralisierung<br />

Mit der Zuwanderung der Flüchtlinge <strong>und</strong> Vertriebenen war für die frühe B<strong>und</strong>esrepublik<br />

zugleich ein erheblicher Wandel der christlichen Konfessionen verb<strong>und</strong>en.<br />

Diese Zuwanderung hatte zusammen mit den Gebietsverlusten im Osten <strong>und</strong> der<br />

Teilung Deutschlands nicht nur zur Folge, dass die Katholiken sich in der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

nicht mehr in der Minderheit befanden. Niederlassung <strong>und</strong> <strong>Integration</strong> der<br />

Flüchtlinge <strong>und</strong> Vertriebenen führten zudem zu einer erheblichen religiös-konfessionellen<br />

Durchmischung von vordem katholischen bzw. protestantischen Kommunen<br />

<strong>und</strong> Regionen - zunächst in ländlichen Siedlungsräumen <strong>und</strong> bald auch in städtischen<br />

Ballungsgebieten (Oberpenning 2003, Parisius 2004). Die Folge war eine religiös-kulturelle<br />

<strong>und</strong> konfessionelle Pluralisierung. Gemeinsam mit der<br />

Modernisierung des Bildungssystems hat dies zu einer Säkularisierung in Deutschland<br />

beigetragen; Konfessionszugehörigkeit ist zwar bis in die Gegenwart bedeutsam,<br />

aber kein Organisationsmerkmal mehr für politische Lager. Die mit den nachfolgenden<br />

<strong>Migration</strong>en verb<strong>und</strong>ene Ausbreitung verschiedener Strömungen des<br />

Islam als Massenreligion mit vielen internen Differenzierungen kann, so betrachtet,<br />

als weiterer Schritt zur kulturellen Differenzierung <strong>und</strong> religiösen Pluralisierung<br />

verstanden werden.<br />

3.2 „Gastarbeiter”<br />

Die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte beiderlei Geschlechts, für die sich in der<br />

öffentlichen Diskussion (nicht im amtlichen Sprachgebrauch) der Begriff „Gastarbeiter”<br />

herausbildete, wurde in den 1950er <strong>und</strong> 1960er Jahren staatlich auf den Weg<br />

gebracht (Steinert 1995). Sie war <strong>und</strong> ist für die B<strong>und</strong>esrepublik die bis heute folgenreichste<br />

ausländische Zuwanderungsbewegung: R<strong>und</strong> drei Fünftel der ausländischen<br />

Bevölkerung in Deutschland stammen aus den ehemaligen „Anwerbestaaten”.<br />

Zudem gingen von dieser Zuwanderung ein bedeutender Wandel der Sozialstruktur<br />

in Deutschland aus <strong>und</strong> zugleich erhebliche strukturierende Effekte für<br />

viele nachfolgende Wanderungen <strong>und</strong> deren <strong>Integration</strong>sprozesse. Bei der Zuwanderung<br />

der Arbeitsmigranten seit Mitte der 1950er Jahre gingen alle Beteiligten<br />

zunächst von Arrangements auf Zeit aus. Nicht beabsichtigte Folge des Anwerbestopps<br />

von 1973 war die Verstärkung der schon laufenden Tendenz zur Verlagerung<br />

des Lebensmittelpunktes in die B<strong>und</strong>esrepublik, zum Familiennachzug, zur dauer-<br />

94

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!