08.06.2014 Aufrufe

Migration und Integration - RatSWD

Migration und Integration - RatSWD

Migration und Integration - RatSWD

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Begriffsbestimmungen: Wanderungen – Verwirrende Begriffsvielfalt<br />

Auch Ausländer, die aus anderen als politischen Gründen ihre Heimat verlassen müssen<br />

oder nicht dorthin zurückkehren können, bleiben nicht ohne Weiteres schutzlos.<br />

Sie werden oft als De-facto-Flüchtlinge bezeichnet, obwohl ihrem Schutzersuchen<br />

teilweise Rechtsgründe zur Seite stehen, zum Beispiel das Gr<strong>und</strong>gesetz oder die Europäische<br />

Menschenrechtskonvention. So genießt Schutz vor Abschiebung auch, wem<br />

in seinem Herkunftsstaat die Todesstrafe, Folter oder sonstige unmenschliche<br />

Behandlung drohen oder wer aus nichtpolitischen Gründen einer unmittelbaren<br />

Lebensgefahr ausgesetzt ist. Außerdem können in Deutschland Ausländer aus<br />

Kriegs- oder Bürgerkriegsgebieten, die in aller Regel nicht als Flüchtlinge anerkannt<br />

werden können (Kriegs- oder Bürgerkriegsflüchtlinge) vorübergehend Aufnahme<br />

finden <strong>und</strong> eine Aufenthaltsbefugnis erhalten. Ein temporärer Schutz ist innerhalb<br />

der Europäischen Union auch dann vorgesehen, wenn einem Massenzustrom von<br />

Flüchtlingen begegnet werden soll.<br />

In der Vergangenheit hat Deutschland bestimmten Gruppen von Flüchtlingen Aufnahme<br />

aus humanitären Gründen geboten (Kontingentflüchtlingen) <strong>und</strong> ihnen eine<br />

ebenso starke Rechtsstellung wie Asylberechtigten gewährt (z.B. den so genannten<br />

„boatpeople“ aus Vietnam). In jüngster Zeit werden jüdische Zuwanderer aus den<br />

Gebieten der ehemaligen Sowjetunion in ähnlicher Weise aufgenommen (Quasi-<br />

Kontingentflüchtlinge).<br />

Schließlich gibt es noch die Gruppe der Geduldeten, also diejenigen Personen, die<br />

ausreisepflichtig sind, aber aus welchen Gründen auch immer (z.B. Krankheit, Passlosigkeit,<br />

Einreiseverweigerung durch den Herkunftsstaat) tatsächlich nicht ausreisen<br />

oder nicht abgeschoben werden. Ihr Aufenthalt ist nicht durch einen Rechtstitel<br />

gesichert, wird aber in aller Regel formell erfasst <strong>und</strong> bescheinigt. Hinsichtlich<br />

Versorgung <strong>und</strong> Sozialleistungen wird teilweise danach unterschieden, ob sie das<br />

Abschiebungshindernis selbst zu verantworten haben, ob dessen Beseitigung<br />

allein in der Macht Dritter steht oder das Hindernis objektiv nicht ausgeräumt werden<br />

kann.<br />

Die Abgrenzung von Menschenhandel <strong>und</strong> Menschenschmuggel ist wichtig <strong>und</strong><br />

schwierig. Im Sprachgebrauch der Vereinten Nationen bezeichnet Menschenschmuggel<br />

(oft auch als Schleusung bezeichnet) die Herbeiführung der illegalen<br />

Einreise einer Person in einen Vertragsstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht<br />

besitzt oder in dem sie keine Berechtigung zum ständigen Aufenthalt hat, mit dem<br />

Ziel, sich unmittelbar oder mittelbar einen finanziellen oder sonstigen materiellen<br />

Vorteil zu verschaffen. Menschenhandel hingegen wird im Kern definiert als Anwerbung,<br />

Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder den Empfang von Personen<br />

durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung<br />

zum Zweck der Ausbeutung. Unter Ausbeutung wird dabei vor allem die Ausnutzung<br />

der Prostitution anderer oder andere Formen sexueller Ausbeutung,<br />

Zwangsarbeit oder Zwangsdienstbarkeit, Sklaverei oder sklavereiähnliche Praktiken,<br />

Leibeigenschaft oder die Entnahme von Körperorganen verstanden. Bei diesem<br />

Verbrechen ist die Einwilligung des Opfers unerheblich, wenn eines der genannten<br />

Zwangsmittel angewendet wurde. Die Anwerbung, Beförderung, Verbringung,<br />

Beherbergung oder der Empfang eines Kindes (unter 18 Jahren) zum Zweck der Ausbeutung<br />

ist Menschenhandel, auch wenn dabei keines dieser Zwangsmittel angewendet<br />

wurde (Vereinte Nationen 2000a, 2000b, 2000c).<br />

13

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!