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Migration und Integration - RatSWD

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Soziale Strukturbildung durch <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> <strong>Integration</strong><br />

gegen den Widerstand der Kommunen durchgesetzten Verlagerung von Zuständigkeiten<br />

war die im Sinne einer Gleichbehandlung von Statusgruppen kommunale<br />

„Normalisierung” von <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> sozialer <strong>Integration</strong>, d.h. ihre Einstufung<br />

als reguläre administrative Aufgaben. Weil jedoch die Probleme der Aussiedler/Spätaussiedler<br />

denjenigen anderer Zuwanderer ähneln sowie aus<br />

Kostengründen sind zahlreiche Kommunen seither bemüht, übergreifende kommunale<br />

<strong>Integration</strong>skonzepte zu entwickeln, welche die Aussiedler/Spätaussiedler<br />

als eine Gruppe unter anderen einbeziehen. Mehr <strong>und</strong> mehr sollen vor dem<br />

Hintergr<strong>und</strong> von Fehlentwicklungen die so genannten „Regeldienste” für Migranten<br />

geöffnet werden. Mit dieser Angleichung von Zuwanderern mit <strong>und</strong> ohne<br />

deutschen Pass werden <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> soziale <strong>Integration</strong> immer mehr als dauerhafte<br />

kommunale Aufgabe anerkannt (Bommes 2003a: 471-474). Gleichwohl<br />

wird die <strong>Integration</strong> gerade von Spätaussiedlern auf kommunaler Ebene verstärkt<br />

mit B<strong>und</strong>esmitteln gefördert.<br />

Bedeutung des Spracherwerbs<br />

Die Zuwanderung der Aussiedler/Spätaussiedler, der interne Wandel dieser<br />

Zuwanderergruppe seit der Zunahme von Kettenwanderungen in der ersten<br />

Hälfte der 1990er Jahre sowie die politischen Steuerungsversuche haben der<br />

Sprachproblematik im Zusammenhang mit <strong>Integration</strong> zu neuer Aktualität verholfen.<br />

Einerseits hat sich das Verhältnis von zuwandernden Aussiedlern/Spätaussiedlern<br />

<strong>und</strong> mitreisenden Familienangehörigen nicht deutscher Herkunft<br />

von ehedem etwa 80 zu 20 Prozent innerhalb nur einer Dekade umgekehrt – mit<br />

der Folge, dass ein immer größerer Teil dieser Familien über keine Deutschkenntnisse<br />

mehr verfügt. Andererseits wurden seit 1997 Sprachtests zur Überprüfung<br />

der Deutschkenntnisse als generelles Kriterium für die Anerkennung als Spätaussiedler<br />

eingeführt <strong>und</strong> seit Beginn der 1990er Jahre die Sprachkursprogramme<br />

für Aussiedler/Spätaussiedler im Bereich der Eingliederungshilfen stark eingeschränkt<br />

(Maas/Mehlem 2003, Maas et al. 2004).<br />

Dabei ergab sich eine geradezu paradoxe Situation: Einerseits wurde den Sprachkenntnissen<br />

unter dem doppelten Gesichtspunkt der Zuwanderungskontrolle<br />

<strong>und</strong> der <strong>Integration</strong> mehr <strong>und</strong> mehr Gewicht beigemessen, weshalb bei der<br />

Zuwandererbevölkerung der Bedarf an Sprachförderung entsprechend stieg.<br />

Andererseits wurden die Aufwendungen für die Sprachförderung reduziert <strong>und</strong><br />

zudem die nicht deutschen Familienangehörigen (<strong>und</strong> damit die Mehrheit dieser<br />

Zuwanderergruppe) lange nicht einbezogen. Dieses Paradox kann historisch<br />

als Anstoß für die aktuelle Diskussion über die Bedeutung des Erwerbs deutscher<br />

Sprachkenntnisse für die <strong>Integration</strong> von Migranten <strong>und</strong> über die Möglichkeiten<br />

der Sprachförderung gelten.<br />

Mit der politischen <strong>und</strong> wissenschaftlichen Einbeziehung der Aussiedler/Spätaussiedler<br />

in die Migrantenperspektive sowie der Beschreibung <strong>und</strong> Bewertung<br />

ihrer sozialen Lage in diesem Bezugsrahmen wird der Tatsache Rechnung getragen,<br />

dass es sich um einen Zuwanderungsprozess handelt, der mittlerweile mit<br />

all jenen Problemstellungen von <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> sozialer <strong>Integration</strong> verb<strong>und</strong>en<br />

ist, die auch aus regulären Einwanderungsprozessen vertraut sind.<br />

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