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Migration und Integration - RatSWD

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Steuerung der Zuwanderung<br />

Auf europäischer Ebene verabschiedete der Rat der Justiz- <strong>und</strong> Innenminister am 1.<br />

Dezember 1992 auf besonderes Drängen Deutschlands die „Londoner Entschließungen“,<br />

die von den Mitgliedstaaten der EU-15 in unterschiedlicher Weise umgesetzt<br />

wurden. Hierbei wurden Regelungen zu „offensichtlich unbegründeten“ Asylanträgen<br />

sowie zu „sicheren Dritt- <strong>und</strong> Herkunftsstaaten“ getroffen.<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> hoher Zuwanderung sowie einer starken innenpolitischen Polarisierung<br />

<strong>und</strong> begleitet von gewalttätigen Auseinandersetzungen, die sich gegen eine<br />

angeblich fehlende Steuerung richteten, einigten sich schließlich CDU, CSU, FDP <strong>und</strong><br />

SPD am 6. Dezember 1992 auf ein gemeinsames Konzept zu Fragen des Asyls <strong>und</strong> der<br />

Zuwanderung, den so genannten Asylkompromiss (vgl. Kap. 3). Die Vereinbarung sah<br />

im Wesentlichen vor, eine Änderung des Gr<strong>und</strong>gesetzes herbeizuführen. Ausgangspunkt<br />

war die Überzeugung, dass die Zuwanderung nach Deutschland begrenzt <strong>und</strong><br />

gesteuert werden müsse, um Ängsten <strong>und</strong> Unsicherheiten der deutschen Bevölkerung<br />

zu begegnen <strong>und</strong> einen Missbrauch des Asylrechts zu verhindern. Gleichzeitig aber<br />

sollte der Schutz tatsächlich politisch Verfolgter gewährleistet werden.<br />

„Sichere Drittstaaten“ – „sichere Herkunftsstaaten“ –<br />

„Flughafenverfahren“<br />

Das Konzept der „sicheren Drittstaaten“ bedeutet, dass bei Antragstellern, die über<br />

einen Mitgliedstaat der Europäischen Union sowie über Norwegen <strong>und</strong> die Schweiz in<br />

die B<strong>und</strong>esrepublik einreisen, unwiderleglich vermutet wird, dass sie des Schutzes in<br />

Deutschland nicht mehr bedürfen. Argumentiert wird, dass die Antragsteller bereits<br />

einen anderen Staat erreicht hatten, in dem sie gleichfalls Schutz nach der Genfer<br />

Flüchtlingskonvention <strong>und</strong> der Europäischen Menschenrechtskonvention hätten<br />

erhalten können. Sie werden deshalb entweder schon an der Grenze in diesen Staat<br />

zurückgewiesen oder später dorthin zurückgeführt. Falls eine Rückführung nicht<br />

durchsetzbar ist, weil die Durchreise gegenüber dem Drittstaat nicht bewiesen werden<br />

kann oder dafür geltende Fristen abgelaufen sind, wird über das Asylgesuch nur nach<br />

Maßgabe der Flüchtlingskonvention entschieden <strong>und</strong> der Asylbewerber im Falle einer<br />

Ablehnung <strong>und</strong> nicht rechtzeitig erfolgten freiwilligen Ausreise wie auch sonst üblich<br />

in den Herkunftsstaat abgeschoben. Eine legale Einreise mit anschließender Asylantragstellung<br />

ist nur unmittelbar aus dem Herkunftsstaat oder aus einem nicht als<br />

sicher deklarierten Drittstaat möglich, also nicht auf dem Landweg, da Deutschland<br />

von als sicher geltenden Drittstaaten umgeben ist.<br />

Bei Asylbewerbern aus Staaten, bei denen aufgr<strong>und</strong> der allgemeinen politischen Verhältnisse<br />

angenommen wird, dass dort keine staatliche politische Verfolgung stattfindet<br />

(„sichere Herkunftsstaaten“), wird der Asylantrag als „offensichtlich unbegründet“<br />

abgelehnt, es sei denn, der Antragsteller kann diese gesetzliche Vermutung widerlegen.<br />

Menschen, die aus sicheren Herkunftsstaaten oder ohne Personaldokumente über<br />

einen Flughafen einreisen wollen <strong>und</strong> bei der dortigen Grenzbehörde um Asyl nachsuchen,<br />

werden in das so genannte Flughafenverfahren übernommen. Dabei wird das<br />

Asylverfahren vor der Einreise im Transitbereich des Flughafens durchgeführt, falls<br />

abzusehen ist, dass ein Asylantrag nicht nur als „einfach“ sondern als „offensichtlich<br />

unbegründet“ abgelehnt wird. Mit dem Flughafenverfahren soll die Rückführung abgelehnter<br />

Antragsteller in den Staat des Abflughafens erleichtert werden.<br />

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