Migration und Integration - RatSWD

Zur Notwendigkeit aussagekräftiger Indikatoren und Datengrundlagen
Wissenschaftsgetragene Erhebungen
Von amtlichen und kommerziellen Umfragen zu unterscheiden sind wissenschaftsgetragene
Erhebungen, mit denen sich die Sozial- und Wirtschaftswissenschaften –
analog den Naturwissenschaften – anhand theoriegeleiteter Fragestellungen die
Datengrundlage für das Testen von Theorien beschaffen. Die Inhalte wissenschaftsgetragener
Erhebungen werden nicht amtlich oder kommerziell festgelegt, sondern
von der Wissenschaft (KVI 2001: Kap. C.1). All diese Erhebungen sind Zufallsstichproben,
die auch die Bestimmung der Stichproben-Genauigkeit erlauben.
Für die Analyse der subjektiven Bewertung der Zuwanderung durch die Wohnbevölkerung
(einschließlich der Zuwandererbevölkerung selbst) steht für Deutschland
– und Europa – eine Vielzahl wissenschaftsgetragener Erhebungen bereit (ALL-
BUS, ISSP, Eurobarometer, auch SOEP). Diese wurden und werden nach Einschätzung
des Zuwanderungsrates bislang noch nicht hinreichend tief und regelmäßig
im Hinblick auf die Bestimmung der gesellschaftlichen Aufnahme- und Integrationskapazitäten
berücksichtigt.
Für die Analyse der Integration von Zuwanderern sind zentral organisierte Erhebungen,
die einen Teil der informationellen Infrastruktur darstellen, wichtig. In der
Bundesrepublik sind dies in erster Linie der ALLBUS, eine soziologisch-politikwissenschaftliche
Erhebung, und das Sozio-oekonomische Panel (SOEP), eine sozialund
wirtschaftswissenschaftliche Erhebung, zu nennen (Diehl/Haug 2003).
Da der ALLBUS die in den Sozialwissenschaften übliche Stichprobengröße von 3.000
befragten Personen (= Haushalten) hat, ist seine Aussagekraft für Zuwanderer stark
eingeschränkt. Der ALLBUS ist dennoch eine der wenigen regelmäßigen Erhebungen
in Deutschland, mit der die Akzeptanz von Zuwanderung und Zuwanderern in
der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund empirisch analysiert werden kann (s.
Kap. 8.5).
Für aussagekräftige Analysen des Integrationsgeschehens ist es notwendig, dass
dieselben Zuwanderer über Jahre hinweg befragt werden (Panel-Design). Die Notwendigkeit
der Erhebung derartiger Längsschnittsdaten wird auch in anderen
Politikbereichen inzwischen gesehen. So ist – als Folge der PISA-Studie – ein „Bildungs-Panel“
im Gespräch (Rauschenbach et al. 2004: 350), das es als Längsschnittserhebung
erlaubt, den Verlauf von Bildungskarrieren zu verfolgen und
Kausalanalysen über die Gründe von Bildungserfolgen und -misserfolgen durchzuführen.
In dieses Panel könnten und sollten unter Umständen nicht nur Messungen
schulischer Leistungen, sondern z.B. auch Sprachstandserhebungen integriert
werden.
Das SOEP ist (zusammen mit der British Household Panel Study, BHPS) die weltweit
größte langfristig laufende Panelstudie. Im Jahr 2003 umfasst das SOEP ca. 12.000
befragte Haushalte mit mehr als 20.000 befragten erwachsenen Personen. Ausländer
wurden von Beginn an (1984) überrepräsentiert, um genügend große Fallzahlen
für aussagekräftige Analysen zu erhalten (durch eine geeignete Gewichtung
sind repräsentative Aussagen über die Gesamtbevölkerung möglich). Im Jahr 1995
wurde das SOEP um eine eigene Zuwandererstichprobe von etwa 1.000 Personen
ergänzt. Durch Stichprobenergänzungen in den Jahren 1998 und 2000 sind auch
Neuzuwanderer erfasst.
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