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Migration und Integration - RatSWD

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Zur Notwendigkeit aussagekräftiger Indikatoren <strong>und</strong> Datengr<strong>und</strong>lagen<br />

Wenn Ziele nicht direkt messbar sind, sollte freilich geprüft werden, ob Zwischenziele<br />

bzw. Teilziele definiert <strong>und</strong> gemessen werden können, deren Erreichen/Erfüllung<br />

erwarten lässt, dass jedenfalls der Tendenz nach schließlich auch die eigentlichen<br />

Ziele erreicht werden können. Dies ist bezüglich des Beispiels der gesellschaftlichen<br />

Partizipation durchaus möglich, da Erfahrungen lehren, dass mit zunehmender Bildung<br />

auch die Partizipation an politischen <strong>und</strong> gesellschaftlichen Aktivitäten steigt.<br />

Das Zwischenziel „Bessere Bildung“ ist freilich recht abstrakt. Wenn man es konkretisiert<br />

<strong>und</strong> beispielsweise die Gymnasiastenquote als Ziel nimmt, kann man sich fragen,<br />

ob z.B. das Ziel „möglichst wenige Schulabbrecher“ für Migrantenkinder nicht<br />

mittelfristig das wichtigere Ziel wäre. Gibt man beide vor, ist in der Praxis nicht viel<br />

gewonnen, da dann die Politik ohnehin wieder selbst abwägen muss.<br />

Es sei daran erinnert, dass auch in anderen wichtigen Politikbereichen keine Steuerung<br />

anhand von formalisierten Indikatorensystemen erfolgt. Selbst die Wirtschaftspolitik<br />

wird nicht durch Indikatoren gesteuert, obwohl im Stabilitäts- <strong>und</strong><br />

Wachstumsgesetz explizit fünf Ziele genannt werden. Freilich sind sie alle nicht<br />

exakt definiert.<br />

Ein wesentlicher Gr<strong>und</strong>, warum nicht anhand der Indikatoren unmittelbar gesteuert<br />

wird, ist die Tatsache, dass wir zu wenig über die Dynamik der Volkswirtschaft<br />

<strong>und</strong> ihre wirtschaftspolitische Beeinflussungsmöglichkeiten wissen bzw. klar ist,<br />

dass mittel- <strong>und</strong> langfristig eine Zielverletzung positive Effekte haben kann. So<br />

spricht z.B. vieles dafür, die Arbeitslosenquote – obwohl sie ein wichtiger Zielindikator<br />

ist – nicht durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen optisch niedrig zu halten.<br />

Denn vieles spricht dafür, dass es sinnvoller sein kann, die Flexibilität des Arbeitsmarktes<br />

zu erhöhen <strong>und</strong> dabei eine kurzfristig höhere Arbeitslosigkeit in Kauf zu<br />

nehmen. Gleiches gilt für die <strong>Integration</strong>spolitik: das oben diskutierte Beispiel der<br />

„ethnischen Enklaven“ oder Herkunftsgemeinschaften zeigt, dass eine lokale Zielvernetzung<br />

(„Hinnahme von Herkunftsgemeinschaften“) langfristig im Interesse<br />

aller sein kann.<br />

Selbst die Geldpolitik der B<strong>und</strong>esbank war nicht schematisch durch Indikatoren<br />

gesteuert, obwohl die B<strong>und</strong>esbank mit der Geldpolitik nur ein einziges Ziel verfolgte,<br />

nämlich Geldwertstabilität. Damit waren die Voraussetzungen für indikatorengestützte<br />

Entscheidungen methodisch nahezu ideal – aber die Ursachenanalysen<br />

waren <strong>und</strong> sind nicht aussagekräftig genug. Es sollte den Verfechtern<br />

indikatorengestützter Entscheidungen zu denken geben, dass der unstrittig<br />

erfolgreiche Notenbanker Alan Greenspan immer wieder darauf hinweist, dass<br />

schematische Formeln in einer sich permanent wandelnden Welt rasch in die Irre<br />

führen können.<br />

Indikatorensysteme sind sinnvoll<br />

Alle Bedenken sind freilich offenk<strong>und</strong>ig kein Beleg dafür, dass Entscheidungsträger<br />

<strong>und</strong> ihre Ratgeber darauf verzichten sollten, möglichst gute statistischen Indikatoren<br />

zu definieren <strong>und</strong> empirisch zu erheben. Die Beispiele sprechen aber dafür, dass<br />

es nicht sinnvoll ist, sich übereilt auf einen amtlichen Katalog an Zielen, Zielwerten<br />

<strong>und</strong> Zielindikatoren festzulegen <strong>und</strong> einengen zu lassen. Indikatorengestützte Entscheidungen<br />

zur Zuwanderungs- <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>spolitik sollten also erst am Ende<br />

eines gesellschaftlichen Zielfindungsprozesses stehen. Dieser wird vom Zuwande-<br />

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