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Migration und Integration - RatSWD

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<strong>Integration</strong>: Chancen <strong>und</strong> Herausforderungen<br />

dersetzung mit städtischen „Problemvierteln“ wird deshalb häufig ein Zusammenhang<br />

zwischen sozialen Brennpunkten, einem hohen Anteil ausländischer Bewohner<br />

<strong>und</strong> erhöhter Kriminalitätsbelastung unterstellt. In der Wissenschaft besteht<br />

jedoch kein Zweifel, dass Staatsangehörigkeit oder „ethnische Herkunft“ keine<br />

Ursachen von Kriminalität sind. Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass<br />

vielmehr die individuellen Lebenslagen eine entscheidende Rolle bei der Kriminalitätsneigung<br />

spielen (vgl. Kap. 8.3). Dabei sind die Wohnsituation <strong>und</strong> der soziale<br />

Nahraum wichtige Bestandteile der individuellen Lebenslage. So genannte Problemviertel<br />

entstehen demnach – unabhängig vom Ausländeranteil – durch räumliche<br />

Konzentration sozialer Benachteiligungen, was langfristig zu einem erhöhten<br />

lokalen Kriminalitätsrisiko führen kann.<br />

Gerade im eigenen sozialen Wohnumfeld wird die tatsächliche Kriminalitätslage<br />

häufig durch das subjektive Kriminalitätsbild überlagert. Die Furcht vor Kriminalität<br />

entsteht dabei nicht so sehr durch Opfererfahrung <strong>und</strong> tatsächliche Kriminalität,<br />

sondern eher durch sichtbare Zeichen der Verwahrlosung im öffentlichen<br />

Raum (Hermann/Laue 2003). Die Erhöhung der polizeilichen Präsenz ist eine Möglichkeit,<br />

das Entstehen solcher „Angsträume“ zu vermeiden.<br />

Die Kriminalprävention auf lokaler Ebene sollte nicht primär als polizeiliche<br />

Aufgabe angesehen werden, sondern die Mitwirkungsbereitschaft<br />

<strong>und</strong> das „Hinsehen“ der Bürger aktivieren. Maßnahmen müssen zum<br />

Ziel haben, bei Konflikten die Selbstregelungsfähigkeit von Familien,<br />

Nachbarschaftsgemeinschaften sowie kommunalen <strong>und</strong> privaten Einrichtungen<br />

zu mobilisieren <strong>und</strong> ein Verantwortungsgefühl für das<br />

unmittelbare (räumliche) Lebensumfeld zu schaffen. Hier spielen die<br />

vor Ort bestehenden Selbsthilfenetzwerke, Vereine <strong>und</strong> Organisationen<br />

eine zentrale Rolle.<br />

Fazit: <strong>Integration</strong>sförderung im Wohnbereich<br />

Handlungsbedarf für <strong>Integration</strong>sförderung im Wohnbereich besteht in benachteiligten<br />

Stadtteilen: Zahlreiche Städte verlieren gegenüber ihrem Umland Teile<br />

ihrer jüngeren, mobileren <strong>und</strong> besser verdienenden Bevölkerung. Insbesondere<br />

Haushalte mit Kindern zieht es in die „Familienzone“ am Rande der Städte. Haushalte<br />

mit geringem Einkommen <strong>und</strong> Haushalte von Migranten nehmen an dieser<br />

Stadt-Umland-Wanderung nur in geringem Umfang teil; mithin findet eine Polarisierung<br />

der Stadtgesellschaft statt – sowohl zwischen Stadt <strong>und</strong> Umland als auch<br />

innerhalb der Stadt zwischen ärmeren <strong>und</strong> reicheren Vierteln. Wer sich einen<br />

Umzug ins Grüne oder in ein anderes Stadtviertel nicht leisten kann, bleibt in den<br />

am wenigsten attraktiven Wohnlagen in der Stadt, die durch geringe Qualität der<br />

Bausubstanz <strong>und</strong> hohe Bebauungsdichte, mangelhafte Anbindung an den öffentlichen<br />

Nahverkehr, Verkehrsbelastung, fehlende Grünflächen <strong>und</strong> geringe Attraktivität<br />

des öffentlichen Raumes gekennzeichnet sein können. Hier kumulieren Merkmale<br />

sozialer Benachteiligung wie Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> hohe Armutsquoten in der<br />

Bevölkerung – es entstehen „benachteiligte Stadtteile“, deren Bewohner räumlich<br />

abgesondert <strong>und</strong> teils isoliert vom Rest der Stadtbevölkerung leben. Gleichzeitig ist<br />

die Identifikation mit dem Stadtviertel gering, was zu einem ständigen Austausch<br />

der Bewohnerschaft benachteiligter Stadtviertel führt.<br />

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