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Migration und Integration - RatSWD

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Steuerung der Zuwanderung<br />

wohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland beratend hinzugezogen. Die geprüften<br />

Anträge werden dem B<strong>und</strong>esamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge<br />

zugeleitet, das die Verteilung auf die Länder vornimmt. Diese Verteilung erfolgt<br />

wie beim Asylverfahren nach festgelegten Aufnahmequoten. Die Wartezeiten bis<br />

zur Ausreise liegen heute zwischen zwei <strong>und</strong> fünf Jahren (je nach aufnehmendem<br />

B<strong>und</strong>esland), wobei die vor der Einreise notwendige Aufnahmezusage der Länder<br />

eine faktische Kontingentierung des Zuzugs bewirkt.<br />

Nach erteilter Aufnahmezusage ist eine einjährige Frist zur Einreise vorgesehen,<br />

danach ist die Einreise nach Deutschland nicht mehr möglich. Im Jahr 2002 reisten<br />

19.262 Juden aus dem ehemaligen Gebiet der Sowjetunion nach diesem Verfahren<br />

nach Deutschland ein, 2003 waren es 15.442.<br />

<strong>Integration</strong>sprobleme trotz faktischer Kontingentierung<br />

Auch bei den jüdischen Migranten gibt es <strong>Integration</strong>sprobleme, insbesondere<br />

was den Arbeitsmarkt betrifft. Die Arbeitslosenquote jüdischer Zuwanderer<br />

beträgt unterschiedlichen Schätzungen zufolge, je nach Region <strong>und</strong> Gemeinde<br />

35 bis 60 Prozent. Dies liegt teils an den fehlenden Sprachkenntnissen der Zugezogenen,<br />

teils aber auch an den Erfahrungen mit der Nichtanerkennung der im<br />

Herkunftsland erworbenen Qualifikationen, obwohl deren Durchschnittsniveau<br />

bei jüdischen Zuwanderern üblicherweise höher liegt als bei Spätaussiedlern. So<br />

verfügt ein Großteil der Juden aus Russland, der Ukraine, aus Aserbaidschan <strong>und</strong><br />

anderen ehemaligen Sowjetrepubliken über einen Hochschulabschluss. Müssen<br />

diese Menschen, die in ihrer alten Heimat einen hohen Sozialstatus hatten, nun<br />

von der Sozialhilfe leben oder Tätigkeiten übernehmen, die weit unter ihren<br />

Möglichkeiten liegen, werden vorhandene Fähigkeiten vergeudet, die es aus<br />

ökonomischen, sozialen <strong>und</strong> humanitären Gründen besser zu nutzen gilt.<br />

Zu den <strong>Integration</strong>sproblemen der jüdischen Zuwanderer kommen Identitätsprobleme:<br />

Einwanderer, die als Juden auswanderten, als solche aufgenommen<br />

<strong>und</strong> von den jüdischen Gemeinden unterstützt wurden (obgleich ein Teil von<br />

ihnen in der Herkunftsgesellschaft keine jüdische Identität im religiöskulturellen<br />

Sinne mehr besaß), müssen diese im Aufnahmeland oft erst wieder neu entdecken<br />

(was nicht allen gelingt oder erstrebenswert erscheint). So sind von den bisher<br />

etwa 180.000 eingereisten Personen nur r<strong>und</strong> 100.000 Mitglied einer der jüdischen<br />

Gemeinden in Deutschland geworden. Dies erschwert die <strong>Integration</strong> ohne<br />

Zweifel beträchtlich, denn viele Hilfsangebote der Zentralwohlfahrtsstelle der<br />

Juden in Deutschland <strong>und</strong> der jüdischen Gemeinden erreichen diesen Personenkreis<br />

nicht.<br />

Die bereits von der Unabhängigen Kommission „Zuwanderung“ festgestellten Probleme<br />

bei der Verteilung der Neuzuwanderer auf die einzelnen B<strong>und</strong>esländer<br />

bestehen nach wie vor. In einigen B<strong>und</strong>esländern werden die Zuwanderer nur in<br />

Städten angesiedelt, in denen eine jüdische Gemeinde <strong>und</strong> damit eine unterstützende<br />

Infrastruktur vorhanden ist, in den überwiegenden Fällen aber werden jüdische<br />

Zuwanderer in ländliche Gebiete zugewiesen, in denen es keine jüdischen<br />

Gemeinden gibt. Dies führt dazu, dass die Zuwanderer von jeglicher Betreuung<br />

durch die jüdischen Gemeinden <strong>und</strong> Sozialdienste ausgeschlossen sind. Eine <strong>Integration</strong><br />

in die jüdische Gemeinschaft ist auf diese Weise nicht möglich.<br />

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