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Migration und Integration - RatSWD

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Zur Notwendigkeit aussagekräftiger Indikatoren <strong>und</strong> Datengr<strong>und</strong>lagen<br />

kaum übersehbaren Fülle von Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Begleitumständen ab, so<br />

dass über gesellschafts- <strong>und</strong> gruppenbezogene Berichterstattung hinausgehende<br />

generalisierende Aussagen nicht möglich sind. Solange wir dies aber nicht konkret<br />

genug wissen, wäre es unsinnig, bezüglich ethnischer Enklaven oder Herkunftsgemeinschaften<br />

entscheidungsrelevante Zielindikatoren vorzugeben.<br />

Der Zuwanderungsrat weist ausdrücklich darauf hin, dass die Erfahrungen im Ausland<br />

(<strong>und</strong> in Unternehmen) lehren, dass es gefährlich sein kann, wenn Ziele mit<br />

unpassenden Indikatoren operationalisiert werden oder sich Entscheidungen an<br />

schlechten Indikatoren ausrichten. So zeigt sich z.B. inzwischen im Vereinigten<br />

Königreich, dass die Bewertung der Leistungen von Schulen <strong>und</strong> Lehrern anhand<br />

des Leistungsniveaus der „Median-Schüler“ dazu führt, dass sich Lehrer beim Unterricht<br />

auf die mittleren Schüler konzentrieren, um möglichst gute Ergebnisse für<br />

„Median-Schülern“ zu erreichen. Das führt zu dem kontraproduktiven Ergebnis,<br />

dass sie die Leistungen der schlechten <strong>und</strong> der guten Schüler nicht mehr genügend<br />

im Blick haben.<br />

Die Gefahr, die von einfachen Indikatoren, die dem „Controlling“ dienen, ausgeht,<br />

sei an einem weiteren – unmittelbar die <strong>Integration</strong> berührenden – Beispiel deutlich<br />

gemacht. Die Zielverpflichtung der B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit, dass nur noch<br />

jene Weiterbildungsträger im Markt bleiben können, die für ihre Teilnehmer eine<br />

Vermittlungsquote von mindestens 65 Prozent nachweisen können, ist ein Musterbeispiel<br />

für die Gefahr von zu einfach gestellten Zielindikatoren <strong>und</strong> der in diesem<br />

Falle dadurch faktisch verursachten Diskriminierung von Migranten. Aufgr<strong>und</strong> des<br />

vorgegebenen Zielwertes versuchen Weiterbildungsträger, Teilnehmer mit möglichst<br />

hoher Vor-Qualifikation zu gewinnen, da damit die Chance einer späteren<br />

Vermittlung steigt. Dadurch werden gering Qualifizierte im Allgemeinen <strong>und</strong><br />

gering qualifizierte Zuwanderer im Besonderen faktisch diskriminiert. Notwendig<br />

wäre eine Evaluation eines jeden Trägers, bei der die relativen Vermittlungserfolge<br />

ermittelt werden, d.h. unter Berücksichtigung der Vor-Qualifikationen der Teilnehmer.<br />

Daraus könnten nach Vor-Qualifikation, Alter etc. differenzierte Zielindikatoren<br />

abgeleitet werden.<br />

Bei der Bewertung der Möglichkeiten indikatorengestützter Entscheidungen muss<br />

auch berücksichtigt werden, dass für die Darstellung einer Vielzahl gesellschaftlicher<br />

<strong>und</strong> politischer Ziele bislang keine adäquaten statistischen Daten vorliegen.<br />

Die zentralen Fragen für die Entscheidungsrelevanz von Indikatoren sind also:<br />

• Sind die Ziele genügend klar, um sie operationalisieren zu können?<br />

• Sind die Zielkonkurrenzen so operationalisierbar, dass gegenläufige Zielwerte<br />

miteinander „verrechenbar“ sind?<br />

• Sind Indikatoren denkbar <strong>und</strong> empirisch verfügbar bzw. verfügbar zu machen,<br />

welche die Ziele <strong>und</strong> gegebenenfalls Zwischenziele so messbar werden lassen,<br />

dass die idealtypischen Ziele dadurch wirklich effektiv erreicht werden können?<br />

Im Hinblick auf die Aufnahme- <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>skapazitäten sind viele Ziele noch<br />

nicht geklärt <strong>und</strong> auf jeden Fall nur schwer messbar, insbesondere die Ziele der<br />

politischen <strong>und</strong> gesellschaftlichen <strong>Integration</strong>. Wenn ein Indikatorentableau entwickelt<br />

würde, in das nur (leicht) messbare Ziele eingehen, könnten Entscheidungen<br />

anhand dieses verkürzten Indikatorentableaus – wie oben beispielhaft gezeigt<br />

wurde – zu grotesken Fehlentscheidungen führen.<br />

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