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Migration und Integration - RatSWD

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Soziale Strukturbildung durch <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> <strong>Integration</strong><br />

die von einer Pioniermigrantin bzw. einem Pioniermigranten durch die Verbindung<br />

mit einer oder einem Deutschen ohne <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> gegründet wurden. Je<br />

nach dem also, wie eng oder wie weit man die Größe der Bevölkerung „mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong>”<br />

definiert, liegt deren Anteil an der inländischen Gesamtbevölkerung<br />

in der B<strong>und</strong>esrepublik zwischen einem Viertel <strong>und</strong> mehr als einem Drittel;<br />

dann nämlich, wenn in der Drei-Generationen-Perspektive auch ein aus einem<br />

Raum jenseits der heutigen deutschen Grenzen stammender Großelternteil gleich<br />

welcher nationaler Herkunft <strong>und</strong> Staatsangehörigkeit als Kriterium für die Definition<br />

„Familie mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong>” gilt.<br />

Im Folgenden wird im engeren Sinne unter „Bevölkerung mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong>”<br />

die Zuwanderung von Ausländern <strong>und</strong> Aussiedlern/Spätaussiedlern, Flüchtlingen<br />

mit Aufenthaltsrecht oder Daueraufenthalt <strong>und</strong> Juden aus der ehemaligen<br />

Sowjetunion <strong>und</strong> ihren Nachfolgestaaten verstanden. Der Bevölkerungsanteil dieser<br />

Gruppe dürfte, mit aus demografischen Gründen steigender Tendenz, im Bereich<br />

der ja von diesen Zuwanderungen besonders betroffenen „alten” B<strong>und</strong>esrepublik<br />

am Vorabend der deutschen Vereinigung bei r<strong>und</strong> einem Viertel gelegen haben.<br />

Dieses Kapitel soll jedoch nicht den Weg zum Einwanderungsland Deutschland<br />

(Bade/Oltmer 2004) nachzeichnen. Es geht vielmehr um einen Überblick über jene<br />

sozialen Strukturen, die sich auf Gr<strong>und</strong> von Zuwanderung <strong>und</strong> <strong>Migration</strong> seit der<br />

Mitte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts gebildet bzw. verändert haben <strong>und</strong> die für die aktuellen<br />

Prozesse von Zuwanderung <strong>und</strong> <strong>Integration</strong> von Belang sind (Bade/Bommes 2000,<br />

Oltmer 2003: 9-56). Ein Kerngedanke dabei ist, dass <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> <strong>Integration</strong> nicht<br />

„die Gesellschaft” als Ganzes verändern, sondern jeweils unterschiedliche Teilbereiche<br />

– je nachdem, in welchem Umfang diese von <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> <strong>Integration</strong> betroffen<br />

sind. Teilbereiche deshalb, weil die Sozialstruktur moderner Gesellschaften<br />

einerseits gekennzeichnet ist durch differenzierte Funktionsbereiche <strong>und</strong> Organisationen<br />

(wie Geld- <strong>und</strong> Marktwirtschaft, formales Recht, nationalstaatlich <strong>und</strong> demokratisch<br />

verfasste politische Systeme, Wissenschaft, Erziehung <strong>und</strong> Ausbildung, wissenschaftlich<br />

begründete Medizin, Massenmedien) <strong>und</strong> andererseits durch eine<br />

strukturierte Verteilung der verfügbaren sozialen Ressourcen. Diese kommt in den<br />

sozialen Schichtungsverhältnissen <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen Lebenslagen zum<br />

Ausdruck. Internationale Wanderungen <strong>und</strong> die <strong>Integration</strong> von Zugewanderten<br />

verändern moderne Gesellschaften, weil sie in eben diesen gesellschaftlichen Teilbereichen<br />

vielfältige Veränderungen <strong>und</strong> Neubildungen auslösen. Verändert <strong>und</strong><br />

beeinflusst werden erstens verschiedene Funktionsbereiche <strong>und</strong> Organisationen<br />

einer Gesellschaft, zweitens die Lebenslagen ihrer Bevölkerung sowie drittens<br />

Anschlusswanderungen <strong>und</strong> neue <strong>Integration</strong>sprozesse (Bommes 2003b).<br />

Funktionsbereiche <strong>und</strong> Organisationen<br />

<strong>Migration</strong> <strong>und</strong> <strong>Integration</strong> haben direkte Auswirkungen auf die Politik eines Landes,<br />

denn durch sie ändert sich die Zusammensetzung von Wohnbevölkerungen <strong>und</strong><br />

damit auch das Publikum politischer Entscheidungen. In der Wirtschaft kann es zu<br />

einer Internationalisierung von Bereichen des nationalen Arbeitsmarktes kommen;<br />

zugleich ergeben sich aus <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> <strong>Integration</strong> Veränderungen des Waren<strong>und</strong><br />

Dienstleistungsangebots. Im Recht ist die Auseinandersetzung mit <strong>Migration</strong>sfragen,<br />

insbesondere vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Harmonisierung entsprechender<br />

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