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Migration und Integration - RatSWD

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Besondere Konfliktbereiche bei der <strong>Migration</strong>ssteuerung <strong>und</strong> der <strong>Integration</strong>sgestaltung<br />

der Krisenregion eine latente Gefahr auch für Einrichtungen in Deutschland darstellen,<br />

sowie drittens Organisationen, die unter Ausnutzung der rechtsstaatlichen<br />

Instrumentarien im gesellschaftlichen Leben Deutschlands Freiräume für<br />

organisierte islamistische Betätigung schaffen <strong>und</strong> so zur Bildung einer islamistischen<br />

Binnengesellschaft beitragen wollen.<br />

Die Anhänger dieser Organisationen vertreten die Ansicht, dass sich staatliche<br />

Gesetzgebung <strong>und</strong> hoheitliches Handeln nicht auf den Willen des Volkes <strong>und</strong> auf<br />

Mehrheitsentscheidungen gründen, sondern allein von Allah hergeleitet werden<br />

könnten, dessen Wille sich im Koran als alleinige, für alle geltende Wahrheit<br />

offenbart habe. Dieser Absolutheitsanspruch kollidiert nach Ansicht des Verfassungsschutzes<br />

mit gr<strong>und</strong>legenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen<br />

Gr<strong>und</strong>ordnung wie insbesondere der Volkssouveränität, dem Mehrheitsprinzip<br />

oder dem Recht auf Bildung <strong>und</strong> Ausübung parlamentarischer Opposition.<br />

Zahlreiche Festnahmen islamistischer Gewalttäter in Westeuropa <strong>und</strong> auch in<br />

der B<strong>und</strong>esrepublik verdeutlichen Präsenz <strong>und</strong> Strukturen dieser Extremisten. In<br />

Deutschland kann daher nach Ansicht der Sicherheitsbehörden keine Entwarnung<br />

gegeben werden, sondern es sei weiterhin von einem (allerdings nicht konkret<br />

bezifferbaren) Potenzial „arabischer Mujahedin“ mit internationalen Verbindungen<br />

auszugehen. Die B<strong>und</strong>esrepublik komme nicht nur als Vorbereitungsraum<br />

für Anschläge andernorts in Betracht; vielmehr könnten hiesige<br />

Einrichtungen auch Ziel von Anschlägen werden, da Deutschland in der Wahrnehmung<br />

von Islamisten zu den Unterstützern der USA <strong>und</strong> Israels zähle <strong>und</strong> sich<br />

zudem in Afghanistan militärisch engagiere.<br />

Der Verfassungsschutz weist auch darauf hin, dass jene Gefahren nicht unterschätzt<br />

werden sollten, die von der Propagandatätigkeit in Deutschland agierender<br />

islamistischer Organisationen ausgehen. Die ideologische Indoktrinierung<br />

von Muslimen – etwa durch die im Januar 2003 verbotene antisemitische<br />

<strong>und</strong> antiwestliche pan-islamischen Bewegung „Hizb ut-Tahrir“ oder die Nachfolgeaktivitäten<br />

des 2001 verbotenen „Kalifatstaates“ – kollidiert nach Ansicht<br />

des Verfassungsschutzes mit den Maßstäben der Verfassungsordnung. Die bei<br />

weitem größte islamistische Organisation ist diesem Lagebild zufolge die „Islamische<br />

Gemeinschaft Milli Görüs“ (IGMG), die eine desintegrative Jugendarbeit<br />

betreibe. Der Vorwurf lautet, dass ihre nur vorgeblich auf <strong>Integration</strong> zielende<br />

Politik islamistische Milieus fördere. Die Milli-Görüs-Bewegung sei einem als<br />

„Gerechte Ordnung“ propagierten umfassenden Regelungssystem verpflichtet,<br />

das die westliche Zivilisation, ihren Wertekanon <strong>und</strong> ihr Demokratieverständnis<br />

ablehne.<br />

Im Jahr 2003 wurden im Bereich der politisch motivierten Ausländerkriminalität<br />

88 Gewalttaten wie Körperverletzung, Erpressung oder Freiheitsberaubung verübt<br />

(2002: 61 Gewalttaten). Insgesamt hat sich die Gesamtzahl der von Ausländern<br />

begangenen Straftaten gegenüber dem Vorjahr nahezu verdreifacht (1.473<br />

Straftaten im Jahr 2003, im Vergleich zu 573 in 2002). Dabei hat jedoch insbesondere<br />

die Zahl der „sonstigen Straftaten“ auf 1.385 zugenommen (2002: 512).<br />

Wesentlicher Gr<strong>und</strong> hierfür waren Verstöße gegen das Vereinsgesetz. So wurden<br />

im Dezember 2003 Ermittlungsverfahren gegen etwa 1.200 Bezieher einer verbotenen<br />

„Kalifatstaat“-Publikation eingeleitet. (Zum Vergleich: Im gleichen Zeit-<br />

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