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Migration und Integration - RatSWD

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Die <strong>Migration</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>spolitik der EU als Rahmen der deutschen Politik<br />

„Verfahrensrichtlinie”<br />

Geänderter Vorschlag für eine EG-Richtlinie über Mindestnormen für Verfahren<br />

in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der<br />

Flüchtlingseigenschaft vom 18. Juni 2002<br />

Die Mitgliedstaaten haben – entsprechend der jeweiligen Verfassungs- <strong>und</strong> Verwaltungstraditionen<br />

sowie ihrer politischen Interessen – unterschiedliche Verfahren zur<br />

Zu- oder Aberkennung des Flüchtlingsstatus. Die Festlegung auf Mindestnormen <strong>und</strong><br />

die Einführung von Garantien für ein gerechtes <strong>und</strong> effizientes Verfahren würde die<br />

Mitgliedstaaten verpflichten, die nationalen Systeme einander anzupassen. Dabei<br />

eröffnen sich den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung in nationales Recht erhebliche<br />

Handlungsspielräume, die sowohl für eine Verminderung als auch für eine Erhöhung<br />

der Schutzstandards genutzt werden können.<br />

Der Richtlinienvorschlag wurde erstmals im September 2000 vorgelegt. Nach Diskussionen<br />

im Rat <strong>und</strong> einer Entschließung des Europäischen Parlaments im Jahr 2001<br />

nahm die Kommission im Jahr 2002 einen geänderten Vorschlag an. Am 29. April 2004<br />

nahm der Ministerrat den Richtlinienvorschlag an.<br />

Der Vorschlag enthält Mindestnormen für Asylverfahren wie z.B. Verfahrensgarantien<br />

zu Gunsten des Asylbewerbers (z.B. Dolmetscher, persönliche Anhörung, Zugang zu<br />

Rechtshilfe), Mindestanforderungen an die Prüfung eines Asylantrags <strong>und</strong> an die Entscheidung<br />

der Asylbehörde, Vorschriften für den Anspruch auf <strong>und</strong> den Umfang von<br />

Rechtsberatung <strong>und</strong> -vertretung. Ferner werden unterschiedliche Verfahrenstypen<br />

(reguläre <strong>und</strong> beschleunigte Verfahren, Folgeantragsverfahren, Grenzverfahren) festgelegt<br />

<strong>und</strong> gemeinsame Normen für die Anwendung bestimmter asylrechtlicher Konzepte<br />

<strong>und</strong> Methoden („unzulässiger Antrag”, „offensichtlich unbegründeter Antrag”,<br />

„sicheres Drittland” <strong>und</strong> „sicheres Herkunftsland”) entwickelt. Weitere Regelungen<br />

betreffen die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft <strong>und</strong> das Rechtsbehelfsverfahren.<br />

Verschiedene Flüchtlingsorganisationen – unter ihnen auch der UNHCR – hatten im<br />

Laufe der Verhandlungen immer wieder kritisiert, dass die aus dem deutschen Asylrecht<br />

übernommene Drittstaatenregelung sowie die Regelungen für beschleunigte<br />

Verfahren (bei denen gegen die ablehnende Entscheidung einer Behörde eingelegte<br />

Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung haben) den Flüchtlingsschutz verschlechtern<br />

würden. Noch im Februar 2004 forderte ein breites Bündnis von Wohlfahrtsverbänden<br />

<strong>und</strong> Menschenrechtsorganisationen die B<strong>und</strong>esregierung (vergeblich) auf,<br />

darauf zu verzichten, die deutsche Drittstaatenregelung auf die europäische Ebene zu<br />

exportieren. Die Drittstaatenregelung sieht vor, dass Asylsuchende schon bei der Einreise<br />

ohne Einzelfallprüfung zurückgeschickt werden können, wenn sie aus einem so<br />

genannten sicheren Drittstaat kommen. In potenziellen sicheren Drittstaaten wie<br />

Russland, Weißrussland <strong>und</strong> der Ukraine aber gibt es nach Auffassung von Flüchtlingsorganisationen<br />

nach wie vor Menschenrechtsverletzungen <strong>und</strong> es fehlt an internationalen<br />

Flüchtlingsrechtsstandards (Amnesty international et al. 2004).<br />

Ende April 2004 erzielten die Innen- <strong>und</strong> Justizminister eine politische Einigung über<br />

den Richtlinienentwurf. Auf eine gemeinsame Liste sicherer Drittstaaten konnten sie<br />

sich hingegen noch nicht verständigen, <strong>und</strong> auch die Beratungen über eine gemeinsa-<br />

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