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Migration und Integration - RatSWD

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Besondere Konfliktbereiche bei der <strong>Migration</strong>ssteuerung <strong>und</strong> der <strong>Integration</strong>sgestaltung<br />

8.5 Nicht-Akzeptanz von Zuwanderern<br />

Zuwanderung bereichert die Gesellschaft <strong>und</strong> stellt sie gleichzeitig vor neue<br />

Herausforderungen. Dies galt in Deutschland für die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen,<br />

die Anwerbung von „Gastarbeitern“ ab 1955 <strong>und</strong> dem damit verb<strong>und</strong>enen<br />

späteren Familiennachzug ebenso wie für die Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen<br />

oder auch von Übersiedlern <strong>und</strong> (Spät-) Aussiedlern aus den ehemaligen Ostblockstaaten.<br />

Trotz der Aufnahme von ausländischen <strong>und</strong> deutschen Zuwanderern<br />

wurde jahrzehntelang an der normativen politischen Maxime „Die B<strong>und</strong>esrepublik<br />

ist kein Einwanderungsland“ festgehalten. Dies hatte nachhaltige Konsequenzen<br />

für die Gestaltung der <strong>Migration</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>spolitik, für die Lebensverhältnisse<br />

der Migranten <strong>und</strong> insbesondere auch für die Akzeptanz von Zuwanderung<br />

<strong>und</strong> <strong>Integration</strong> in der Mehrheitsgesellschaft (Bade 1994a, Bade 1994b). Generell ist<br />

zu beobachten, dass die Akzeptanz von Zuwanderern steigt, wenn in der Bevölkerung<br />

ohne <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> die Wahrnehmung vorherrscht, dass die<br />

Zuwanderer einen positiven Beitrag zur wirtschaftlichen <strong>und</strong> gesellschaftlichen<br />

Entwicklung leisten.<br />

Wegen der Beibehaltung des generellen Anwerbestopps wurden zur Befriedigung<br />

aktueller Engpässe auf dem Arbeitsmarkt oder bei festgestelltem Mangel an<br />

bestimmten Qualifikationen Ausnahmeregelungen geschaffen. Diese vielfältigen<br />

<strong>und</strong> oft <strong>und</strong>urchschaubaren Regelungen einerseits <strong>und</strong> die Aufrechterhaltung der<br />

defensiven Maxime „Die B<strong>und</strong>esrepublik ist kein Einwanderungsland“ andererseits<br />

werden in der Bevölkerung zu Recht als Widerspruch wahrgenommen.<br />

Im Gegensatz zur Einwanderungspolitik z.B. in den Vereinigten Staaten ist in der<br />

B<strong>und</strong>esrepublik keine rasche <strong>Integration</strong> von Familienangehörigen <strong>und</strong> Flüchtlingen<br />

in den Arbeitsmarkt vorgesehen. Die Folge von temporären Arbeitsverboten<br />

<strong>und</strong> genereller Nachrangigkeit beim Zugang zum Arbeitsmarkt ist vielfach die dauerhafte<br />

Sozialhilfeabhängigkeit <strong>und</strong> damit eine faktisch erzwungene „Einwanderung<br />

in die Sozialsysteme“. Bestehende Vorurteile gegenüber Sozialhilfeempfängern<br />

werden damit auf bestimmte Zuwanderergruppen übertragen. Zusätzlich<br />

führte die Anwerbung von Arbeitskräften aus zumeist bildungsfernen Schichten in<br />

Verbindung mit mangelnden, gänzlich fehlenden oder zu spät einsetzenden unkoordinierten<br />

<strong>Integration</strong>smaßnahmen zu Eingliederungsproblemen sowohl in der<br />

Ersten Generation als auch bei deren Nachkommen. Dies wird gegenwärtig besonders<br />

in den Schulen sichtbar, die – wie gezeigt (vgl. Kap. 7.2) – nur unzureichend in<br />

der Lage sind, Kinder mit <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> zu fördern.<br />

Die bereits erfolgte wie auch die künftige Zuwanderung nach Deutschland verändern<br />

ohne Zweifel die Gesellschaft (vgl. Kap. 3). Langfristig wird sich eine im Rahmen<br />

des Möglichen gesteuerte <strong>und</strong> begrenzte Zuwanderung nach Westeuropa für<br />

alle Volkswirtschaften wachstums- <strong>und</strong> bevölkerungspolitisch günstig auswirken.<br />

Gleichwohl können kurzfristige Nachteile für einzelne Bevölkerungsgruppen, insbesondere<br />

für gering Qualifizierte – ob mit oder ohne <strong>Migration</strong>shintergr<strong>und</strong> –<br />

auch bei bewusster gezielter Zuwanderungssteuerung nicht gänzlich ausgeschlossen<br />

werden. Eine Zuwanderungs- <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>spolitik, die in diesem Segment<br />

regulierend interveniert <strong>und</strong> gleichzeitig eine ausreichende Bildungsbeteiligung<br />

sichert, kann Ausgrenzungen am Arbeitsmarkt verhindern.<br />

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