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Migration und Integration - RatSWD

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Soziale Strukturbildung durch <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> <strong>Integration</strong><br />

tiv geleitete, autoritäre „Betreuung” der „ausländischen Werktätigen”, aber weniger<br />

soziale <strong>Integration</strong> <strong>und</strong> mehr staatlich verordnete soziale Segregation. Sie wurden vielfach<br />

in separaten Gemeinschaftsunterkünften einquartiert <strong>und</strong> damit auch sozial auf<br />

Distanz gehalten. Nähere Kontakte waren genehmigungs- <strong>und</strong> berichtspflichtig.<br />

Asyl in der DDR<br />

Ähnliches galt für den Asylbereich, in dem es, von der Gruppe von chilenischen Asylsuchenden<br />

nach dem Sturz der Regierung Allende abgesehen, in der Regel nur kleine<br />

Gruppen auf Zeit gab. Auch in der DDR war das Asylrecht - als Recht des Staates, aber<br />

nicht als subjektives Recht der Asylsuchenden - in der Verfassung verankert: Die „Bek<strong>und</strong>ung<br />

von Glaubens-, Rassen-, Völkerhass, militärische Propaganda sowie Kriegshetze<br />

<strong>und</strong> alle sonstigen Handlungen, die sich gegen die Gleichberechtigung richten”, wurden<br />

in der Verfassung der DDR von 1949 im Sinne der staatlichen Verpflichtung zur<br />

Wahrung der „Völkerfre<strong>und</strong>schaft” für verbrecherisch erklärt. Weder ausgewiesen<br />

noch ausgeliefert werden durften demnach Personen, „wenn sie wegen ihres Kampfes<br />

für die in dieser Verfassung niedergelegten Gr<strong>und</strong>sätze im Ausland verfolgt werden”<br />

(Art. 10 der Verfassung von 1949). Diese Prinzipien <strong>und</strong> die Asylgewährung wurden auch<br />

in die Verfassung von 1968/1974 übernommen. Nach der Verfassung von 1968/1974 (Art.<br />

23) konnte Bürgern anderer Staaten oder Staatenlosen Asyl gewährt werden, die<br />

„wegen politischer, wissenschaftlicher oder kultureller Tätigkeit zur Verteidigung des<br />

Friedens, der Demokratie, der Interessen des werktätigen Volkes oder wegen ihrer Teilnahme<br />

am sozialen <strong>und</strong> nationalen Befreiungskampf verfolgt” wurden. Die Entscheidung<br />

darüber war höchstrangig: Im Ausländergesetz von 1979 wurde festgelegt, dass<br />

ausschließlich der Ministerrat über die Asylgewährung <strong>und</strong> Anerkennung zu entscheiden<br />

hatte. Von der Staatsgründung 1949 bis Mitte der 1970er Jahre wurden vor allem<br />

Flüchtlinge aus Griechenland, Spanien <strong>und</strong> Chile in der DDR aufgenommen.<br />

Dass sich soziale Strukturen durch die <strong>Integration</strong> von Flüchtlingen <strong>und</strong> Asylsuchenden<br />

gebildet oder verändert hätten, war auch hier nicht erkennbar. Bei den griechischen<br />

Flüchtlingen etwa, die seit Mitte 1949 in der DDR aufgenommen wurden, handelte es<br />

sich hauptsächlich um Kinder <strong>und</strong> Jugendliche, deren Eltern als Kommunisten oder Partisanen<br />

während <strong>und</strong> nach dem Bürgerkrieg Opfer politischer Verfolgung geworden<br />

waren, sowie um Lehrer <strong>und</strong> Funktionäre kommunistischer Jugendorganisationen. 1961<br />

z.B. lebten 980 Erwachsene <strong>und</strong> 337 griechische Kinder in der DDR, von denen viele das<br />

1950 in Dresden-Radebeul geschaffene Heimkombinat „Freies Griechenland” durchlaufen<br />

hatten. Während ihres Aufenthalts wurden die griechischen Flüchtlinge vollständig<br />

in das System der schulischen <strong>und</strong> beruflichen Ausbildung integriert <strong>und</strong> arbeiteten<br />

dann hauptsächlich in der Produktion. Die meisten griechischen Flüchtlinge kehrten<br />

seit Mitte der 1970er Jahre in ihre Heimat zurück. Sie wurden von der griechischen Kommunistischen<br />

Partei <strong>und</strong> dem Komitee „Freies Griechenland” auf die Rückkehr <strong>und</strong> den<br />

Kampf der Kommunisten in Griechenland vorbereitet. Die DDR unterstützte diese<br />

Bestrebungen politisch <strong>und</strong> finanziell. Statistischen Angaben zufolge lebten am 31.<br />

Dezember 1989 noch 482 Personen griechischer Staatsangehörigkeit in der DDR.<br />

Nur unsichere Angaben gibt es über die spanischen Flüchtlinge in der DDR, bei denen es<br />

sich zumeist um aus Frankreich ausgewiesene Antifaschisten handelte, die nach dem<br />

Ende des spanischen Bürgerkriegs 1939 ihr Herkunftsland hatten verlassen müssen. Sie<br />

wurden zusammen mit ihren Familienangehörigen aufgenommen <strong>und</strong> hauptsächlich<br />

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