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Migration und Integration - RatSWD

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Steuerung der Zuwanderung<br />

Die UN-Kinderrechtskonvention<br />

Ein wichtiges internationales menschenrechtliches Abkommen ist das UN-Übereinkommen<br />

über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvention, KRK) vom 20.<br />

November 1989, die in Deutschland seit 1992 in Kraft ist. Die Konvention garantiert<br />

Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen einen Mindeststandard bei Versorgung, Schutz <strong>und</strong> Entwicklung.<br />

Die B<strong>und</strong>esrepublik hat bei Hinterlegung der Ratifikationsurk<strong>und</strong>e<br />

unter anderem folgende interpretierende Erklärung abgegeben: „... Nichts in dem<br />

Übereinkommen kann dahin ausgelegt werden, dass die widerrechtliche Einreise<br />

eines Ausländers in das Gebiet der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland oder dessen widerrechtlichen<br />

Aufenthalt dort erlaubt ist; auch kann keine Bestimmung dahin ausgelegt<br />

werden, dass sie das Recht der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland beschränkt, Gesetze<br />

<strong>und</strong> Verordnungen über die Einreise von Ausländern <strong>und</strong> die Bedingungen ihres<br />

Aufenthaltes zu erlassen...“.<br />

Gegenstand <strong>und</strong> Rechtsfolgen dieser Erklärung (BGBl. 1992 II 990) waren von<br />

Beginn an strittig. Betroffen sind unter anderem der Familiennachzug <strong>und</strong> die<br />

unbegleitet einreisenden Minderjährigen. Die B<strong>und</strong>esregierung <strong>und</strong> ein Teil der<br />

Wissenschaft vertraten bei der damaligen Erklärung des Vorbehaltes die Auffassung,<br />

dass dieser völkerrechtlich wie innerstaatlich wirksam sei. Er verhindere<br />

die unmittelbare Anwendbarkeit der KRK auf innerstaatliches Recht, ohne damit<br />

die Staatenverpflichtungen der KRK zu tangieren (Stöcker 1992: 80). Andererseits<br />

wurde die Ansicht vertreten, die Erklärung sei mit dem Ziel der KRK, das Wohl<br />

des Kindes bei allen Maßnahmen vorrangig zu berücksichtigen, nicht vereinbar<br />

<strong>und</strong> daher unbeachtlich (Menzel 1996: 22). Die derzeitige B<strong>und</strong>esregierung setzt<br />

sich für eine Rücknahme der Erklärung ein, weil dieser ohnehin keine Bedeutung<br />

für das innerstaatliche Recht zukomme. Sie sieht sich aber an der Rücknahme<br />

gehindert, weil diese der Zustimmung des B<strong>und</strong>esrats bedarf, <strong>und</strong> dessen Mehrheit<br />

hierzu nicht bereit ist. Anlässlich des Kindschaftsreformgesetzes ist die<br />

Bedeutung der KRK für das deutsche Kindschafts- <strong>und</strong> Ausländerrecht erörtert<br />

worden (Laskowski/Albrecht 1999: 100), ebenso im Zehnten Kinder- <strong>und</strong> Jugendbericht<br />

(BT-Drs. 13/11369). Die Rechtsprechung hat bisher keine von der Meinung<br />

der B<strong>und</strong>esregierung abweichende Tendenz vertreten. Insbesondere hat sie keine<br />

Norm der KRK als innerstaatlich verbindlich <strong>und</strong> unmittelbar anwendbar<br />

betrachtet.<br />

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Erklärung mit dem ihr von<br />

der B<strong>und</strong>esregierung beigegebenen Inhalt sehr wahrscheinlich nicht notwendig<br />

war. Nur wenn sie die KRK hätte abändern wollen <strong>und</strong> sollen, wäre sie völkerrechtlich<br />

nicht wirksam. Dies war aber nicht beabsichtigt <strong>und</strong> ist auch jetzt nicht beabsichtigt.<br />

Folgt man dieser Auslegung, wäre auch eine Rücknahme nicht notwendig,<br />

weil sie rechtlich bedeutungslos wäre.<br />

Gleichwohl wäre die Rücknahme der Erklärungsvorbehalte ein Zeichen, dass die<br />

B<strong>und</strong>esrepublik dem internationalen Schutz des Kindeswohls, der als Leitgedanke<br />

der Kinderrechtskonvention zugr<strong>und</strong>e liegt, große Bedeutung zumisst.<br />

Der Zuwanderungsrat empfiehlt daher der B<strong>und</strong>esregierung <strong>und</strong> den<br />

Landesregierungen, erneut die Rücknahme der Erklärungsvorbehalte<br />

zur UN-Kinderrechtskonvention zu prüfen.<br />

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