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Migration und Integration - RatSWD

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Steuerung der Zuwanderung<br />

5 Die Steuerung der Zuwanderung<br />

„Wir sind ein Land mit ungesteuerter Zuwanderung.“ So lautet die weit verbreitete<br />

öffentliche Meinung in Deutschland. Das Gegenteil aber ist richtig. Deutschland hat<br />

Zuwanderung in den zurückliegenden Jahrzehnten in vielen Bereichen, aus unterschiedlichsten<br />

Gründen <strong>und</strong> auf unterschiedliche Weise direkt <strong>und</strong> indirekt gesteuert.<br />

Mit dem Aufenthaltsgesetz wird die überwiegend passive <strong>und</strong> auf Abwehr ausgerichtete<br />

Politik teilweise aufgegeben <strong>und</strong> der Gesetzgeber hat erste Schritte zu einer<br />

aktiven Gestaltung der Zuwanderung unternommen. Erstmals auch wird die Förderung<br />

der <strong>Integration</strong> als unverzichtbarer Teil einer ganzheitlichen Zuwanderungspolitik<br />

anerkannt.<br />

Mit der Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes wurde eine neue Etappe der<br />

Zuwanderungspolitik in Deutschland eingeleitet. Die der Verabschiedung des Gesetzes<br />

vorangegangenen Diskussionen <strong>und</strong> das tatsächliche Zuwanderungsgeschehen<br />

sind Teil eines größeren geschichtlichen Kontextes. Deshalb erachtet es der Zuwanderungsrat<br />

als erforderlich, die Stärken <strong>und</strong> Schwächen der bisherigen Zuwanderungssteuerung<br />

in diesem Kapitel erstmals in einer Gesamtbetrachtung darzustellen, zu<br />

analysieren <strong>und</strong> in einen Zusammenhang sowohl mit der Gesamtkonzeption als auch<br />

mit ausgewählten Bereichen des neuen Aufenthaltsgesetzes <strong>und</strong> den Steuerungsinstrumenten<br />

anderer Staaten zu stellen.<br />

5.1 Die bisherige Zuwanderungspolitik<br />

Die gesetzlichen Regelungen über den Zuzug nach Deutschland seit dem Ende des<br />

Zweiten Weltkrieges betrafen unterschiedliche Personengruppen, Deutsche wie Ausländer,<br />

<strong>und</strong> verfolgten unterschiedliche Zwecke. Teilweise wurden Zuwanderungen<br />

gefördert <strong>und</strong> Zuwanderungswege geöffnet, teilweise wurden Zuwanderungsmöglichkeiten<br />

begrenzt. Auf Zeiten der Öffnung folgten Zeiten der Begrenzung. In einigen<br />

Bereichen wurden die Steuerungsziele erreicht, in anderen mehr oder weniger<br />

verfehlt, nicht selten wurden unerwünschte Nebenwirkungen ausgelöst. Bei einer<br />

Gesamtbetrachtung lassen sich weder klare <strong>und</strong> durchgängige Zielbestimmungen<br />

erkennen noch ein System gut geplanter <strong>und</strong> vorbereiteter Maßnahmen. Mehr noch:<br />

Es ist nicht erkennbar, dass jeweils folgerichtige <strong>und</strong> zukunftstaugliche Reaktionen<br />

auf Fehlentwicklungen erfolgten.<br />

Die unmittelbare Nachkriegszeit war durch den Zuzug <strong>und</strong> die <strong>Integration</strong> deutscher<br />

Vertriebener <strong>und</strong> Flüchtlinge geprägt, deren Verteilung, Versorgung <strong>und</strong> wirtschaftliche<br />

Eingliederung strengstens reguliert waren. Gleichzeitig wurde gegen Nichtdeutsche<br />

mit der zunächst fortgeltenden Ausländerpolizeiverordnung von 1938 eine<br />

strikte Abwehrpolitik betrieben, bis Mitte der 1950er Jahre aktive Anwerbemaßnahmen<br />

ergriffen wurden. Damals befand sich die Wirtschaft im Aufwind des „Wirtschaftsw<strong>und</strong>ers“,<br />

es war jedoch noch immer r<strong>und</strong> eine Million Deutscher arbeitslos.<br />

Zumindest anfangs waren für die gezielte Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte<br />

aus Staaten außerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) außenpolitische<br />

Gründe maßgeblich, wie zum Beispiel das Interesse Deutschlands an einer<br />

Rückkehr in die internationale Staatengemeinschaft <strong>und</strong> der Wunsch Italiens nach<br />

einer geregelten Beschäftigung von Arbeitskräften aus den südlichen Regionen im<br />

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