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112<br />

1 Ein theoretisches Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />

"I<strong>de</strong>ntitätsunsicherheit und mangeln<strong>de</strong>s Selbstwertgefühl sind häufig mit <strong>de</strong>m<br />

Versuch verbun<strong>de</strong>n, diese Defizite über eine negative Abgrenzung ('Zumin<strong>de</strong>st<br />

bin ich kein Gastarbeiter, Ju<strong>de</strong>, Neger') auszugleichen, zu kompensieren (vgl.<br />

Bettelheim u. Janowitz 1964, 58). Diese 'Abgrenzungsstrategie' impliziert<br />

bereits eine Übernahme von Vorurteilen und dürfte die Vorurteilsbereitschaft<br />

<strong>de</strong>r Person weiter erhöhen.<br />

Ist Vorurteilsbereitschaft Ergebnis bestimmter Motivprozesse – wie<br />

Frustration, Projektion, Angst, I<strong>de</strong>ntitätsunsicherheit – die sich unter gleichen<br />

o<strong>de</strong>r ähnlichen Bedingungen bei fast allen Menschen einstellt, o<strong>de</strong>r fin<strong>de</strong>n sich<br />

Vorurteilsbereitschaft und minoritätenfeindliche Haltungen vor allem bei<br />

einem spezifischen 'Charaktertyp', einer spezifischen Persönlichkeitsstruktur?<br />

Die Autoren <strong>de</strong>r 'Authoritarian Personality' (Adorno et al. 1950) gehen von<br />

letzterem aus.<br />

Sie untersuchen darum <strong>de</strong>n Charakter als 'Determinante i<strong>de</strong>ologischer<br />

Präferenzen'<br />

(Adorno<br />

1972, 6). Denk-, Vorurteils- und I<strong>de</strong>ologiemuster wur<strong>de</strong>n verstan<strong>de</strong>n als<br />

'Ausdruck <strong>de</strong>r verborgenen Züge <strong>de</strong>r individuellen Charakterstruktur' (ibi<strong>de</strong>m,<br />

1). Charakter ist dabei konzipiert als 'eine mehr o<strong>de</strong>r weniger beständige<br />

Organisation von Kräften im Individuum, die in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Situationen<br />

<strong>de</strong>ssen Reaktionen und damit weitgehend das konsistente Verhalten<br />

bestimmen' (ibi<strong>de</strong>m, 6).<br />

Shils (1954) z. B. warf <strong>de</strong>n Autoren <strong>de</strong>r Untersuchung vor, sich nur für<br />

rechten, aber nicht auch für linken Autoritarismus interessiert zu haben. 38<br />

Autoritarismus und Intoleranz seien kein Monopol von Faschisten, Anti-<br />

Semiten, Ku-Klux-Klan-Angehörigen o<strong>de</strong>r Konservativen, bemerkt Rokeach<br />

(1960, 13). Wenn man die Erforschung <strong>de</strong>s autoritären Charakters<br />

vorantreiben wolle, müsse man über die Untersuchung <strong>de</strong>s 'Rechts-<br />

Autoritarismus' hinausgehen und neue, übergreifen<strong>de</strong> Konzepte von<br />

Autoritarismus fin<strong>de</strong>n. (vgl. ibi<strong>de</strong>m) '... man sollte eine mehr theoretische,<br />

ahistorische Analyse <strong>de</strong>r gemeinsamen Merkmale aller Arten von<br />

Autoritarismus vornehmen, unabhängig von bestimmten i<strong>de</strong>ologischen,<br />

38 Hier zeigt wie<strong>de</strong>rum unser historischer Atlas <strong>de</strong>r Ersten Republik in<br />

Österreich reichlich Beispiele. Rechts- und Linksi<strong>de</strong>ologien <strong>de</strong>stabilisierten das<br />

System. Wir stehen dann natürlich vor <strong>de</strong>r Frage, welche wissenschaftliche<br />

Theorie nicht autoritär o<strong>de</strong>r keine autoritäre I<strong>de</strong>ologie ist. Das<br />

Dogmatismuskonzept von Rokeach liefert lediglich formale Kriterien. Nicht<br />

was man glaubt, son-<strong>de</strong>rn wie man glaubt, sei entschei<strong>de</strong>nd. Nun ist aber<br />

auch dieses "Wie" ein "Was", d.h., es muss in-haltlich bestimmt und<br />

legitimiert wer<strong>de</strong>n. Letztlich sind wir wie<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r Frage: Aus welchem<br />

Metasystem heraus kann ein Konflikt zwischen mehreren I<strong>de</strong>ologien inhaltlich<br />

"objektiv" beurteilt wer<strong>de</strong>n. Wie beurteilt man a) die divergieren<strong>de</strong>n Inhalte<br />

<strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ologien und b) die eingesetzten medialen und politischen Mittel zur<br />

Durchsetzung <strong>de</strong>r eigenen und <strong>de</strong>r Bekämpfung (oft Negation und<br />

Vernichtung) <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren?

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