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6 Der universalistische Humanismus – eine neue Aufklärung<br />
offen zu halten. Der Begriff „strategisch“ wur<strong>de</strong> bei Spivak sozusagen zu einer<br />
Handlungsoption: die Eröffnung einer Möglichkeit eines Han<strong>de</strong>lns, das we<strong>de</strong>r<br />
hinter die <strong>de</strong>konstruktive Kritik zurückgeht, noch – in Anbetracht von allem, das<br />
es grundsätzlich aufzulösen, zu hinterfragen und zu be<strong>de</strong>nken gibt – ohnmächtig<br />
bleiben muss. Der Begriff <strong>de</strong>s Strategischen als Handlungsoption könnte nun<br />
auch bei einer Neu<strong>de</strong>finition <strong>de</strong>s Universalismus dienlich sein. Wur<strong>de</strong> dieser<br />
nämlich zurecht sowohl in seiner enthistorisieren<strong>de</strong>n, wissenschaftstheoretischphilosophischen<br />
als auch in seiner verkürzten, vereinnahmen<strong>de</strong>n und<br />
ausschließen<strong>de</strong>n politisch-rechtlichen Dimension diskreditiert, so stellte sich<br />
trotz<strong>de</strong>m gera<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m Zusammenbruch <strong>de</strong>r großen Universalismen<br />
zunehmend die Frage nach <strong>de</strong>r Möglichkeit und Unmöglichkeit von Solidaritäten<br />
– nach gemeinsamen Kämpfen und Allianzen ebenso wie nach so etwas wie<br />
jenem „unvollständigen Horizont“, von <strong>de</strong>m Ernesto Laclau schreibt. Vor diesem<br />
Hintergrund kann <strong>de</strong>r Universalismus vielleicht eine neue strategische Dimension<br />
erhalten – und zwar nicht als Selbstzweck, son<strong>de</strong>rn im Hinblick auf eine<br />
politische Praxis.<br />
Nicht als erkenntnistheoretisches Mo<strong>de</strong>ll und auch nicht als abstrakter politischer<br />
Rechtsbegriff, son<strong>de</strong>rn in konkreten aktivistischen und marginalisierten Kämpfen<br />
und Diskursen wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Universalismus in <strong>de</strong>n letzten Jahren wie<strong>de</strong>r neu<br />
thematisiert. Es gibt aktivistische Praxen, die <strong>de</strong>n Universalismus<br />
gewissermaßen neu <strong>de</strong>nken, die eine „strategisch universalistische“ Perspektive<br />
einnehmen, ohne hinter die berechtigten Kritikpunkte zurückzugehen. Es wird<br />
bereits „strategisch universalistisch“ gehan<strong>de</strong>lt. Fallen und Probleme,<br />
Möglichkeiten und Gefahren gemeinsamer politischer Horizonte wer<strong>de</strong>n im<br />
Aktivismus im Hinblick auf gemeinsames Han<strong>de</strong>ln abgesteckt und diskutiert. Die<br />
Frage nach <strong>de</strong>m Universalismus stellt sich im Spezifischen. Und genau dort wird<br />
<strong>de</strong>utlich, dass es gute Grün<strong>de</strong> geben kann, mehr zu wollen, als bloß „für sich<br />
selbst zu sprechen“, nämlich Teilhabe an <strong>de</strong>r Definitionsmacht. Und ist es nicht<br />
gera<strong>de</strong> jene universalistische Perspektive, die marginalisierten Positionen<br />
klassischerweise abgesprochen wur<strong>de</strong> und wird?<br />
Zusatz S. P.: Die von uns dargestellte universalistische Perspektive ist selbst im<br />
<strong>de</strong>rzeitigen erkenntnistheoretischen, rechtstheoretischen wie auch im politisch<br />
aktivistisch-praktischen Diskurs äußerst marginalisiert, verschwiegen und<br />
unterdrückt. Sie besitzt <strong>de</strong>rzeit keinerlei Teilhabe an <strong>de</strong>r Definitionsmacht in <strong>de</strong>n<br />
Machtstrukturen dieser Er<strong>de</strong> aber auch nicht bei <strong>de</strong>n Unterdrückten. Den<br />
Mächtigen wür<strong>de</strong> sie die Grundlage ihrer Macht entziehen, <strong>de</strong>n Marginalisierten<br />
und Unterdrückten sind ihre Horizonte vielleicht zu weit entfernt und die erlaubten<br />
Mittel zur Durchsetzung ihrer I<strong>de</strong>en und I<strong>de</strong>ale zu friedlich und ineffizient, um das<br />
Unrecht zu beheben.