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1 Ein theoretisches Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />
Marginalität ist gekennzeichnet durch die problematischen Attribute <strong>de</strong>s<br />
'marginal man': Verhaltensunsicherheit, Stimmungslabilität, Entschlußlosigkeit<br />
und Orientierungszweifel, Gefühle <strong>de</strong>r Isolierung und Machtlosigkeit sowie<br />
Min<strong>de</strong>rwertigkeitsgefühle und Zukunftsangst (vgl. Stonequist 1937, 141 ff.).<br />
Der ambivalente Bezug auf Mehrheits- und Min<strong>de</strong>rheitenkultur wird <strong>de</strong>utlich in<br />
Bezeichnungen <strong>de</strong>r Herkunftsgruppe zugleich als 'wir' und 'sie' (vgl.<br />
Antonovsky 1956, 60). Die Literatur versteht Marginalität als eine<br />
'neurotische' Form <strong>de</strong>s Verhaltens. Marginalität wird dabei als Variable<br />
verstan<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren Ausprägungen von leichten 'Störungen' bis hin zu schweren<br />
psychischen Erkrankungen führen können.<br />
Wir sind versucht, anzunehmen, dass sicherlich ein bestimmter<br />
Teil in <strong>de</strong>n Migranten-Unterschichten sich in solchen labilen<br />
I<strong>de</strong>ntitätslagen befin<strong>de</strong>t.<br />
'Duale Orientierung', <strong>de</strong>ren Entstehung die folgen<strong>de</strong> Hypothese thematisiert,<br />
darf nicht mit Marginalität verwechselt wer<strong>de</strong>n. Als beschreiben<strong>de</strong> Kategorie<br />
wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Begriff von Antonovsky (1956) eingeführt; Überlegungen zur<br />
Entstehung dieses Musters fin<strong>de</strong>n sich dort allerdings noch nicht.<br />
1.3.3.1.6.5 Hypothese 5 (Duale Orientierung):<br />
Bei relativer Schwäche <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rheitenkultur, hierarchischem, aber offenem<br />
Verhältnis zwischen Mehrheit und Min<strong>de</strong>rheit, bikultureller Bestimmung <strong>de</strong>r<br />
Positionen und Lösung <strong>de</strong>s Zugehörigkeitskonflikts durch bewusste<br />
Anerkennung <strong>de</strong>r Herkunft bei gleichzeitiger Offenheit gegenüber <strong>de</strong>r<br />
Mehrheitskultur, bei 'Ich-Stärke' gegenüber Kultur- und Selbstwertkonflikten<br />
kommt es in marginalen Positionen zur dualen Orientierung.<br />
Der Begriff <strong>de</strong>r dualen Orientierung, <strong>de</strong>r von Antonovsky (1956) eingeführt<br />
wur<strong>de</strong>, be<strong>de</strong>utet einen verhaltensmäßigen und 'i<strong>de</strong>ologischen' Bezug auf<br />
Min<strong>de</strong>rheiten- wie auf Mehrheitskultur und schließt die Ablehnung von<br />
Assimilierung ein; sie beinhaltet eine gewissermaßen bikulturelle<br />
Persönlichkeitsstruktur und ist ein nicht-neurotisches, auf <strong>de</strong>r Basis von Ich-<br />
Stärke sich herausbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Verhaltensmuster.<br />
Die Orientierung <strong>de</strong>r 'Politisierung', die wir abschließend diskutieren, greift<br />
Gedanken und Beobachtungen auf, die bei <strong>de</strong>r Rekonstruktion <strong>de</strong>r klassischen<br />
Marginalitätstheorie als 'positive Chancen' 'marginaler Situationen' begriffen<br />
wur<strong>de</strong>n. Der Konflikt wird zum Movens von Aktivität und einer<br />
Neuorientierung <strong>de</strong>r Person.<br />
1.3.3.1.6.6 Hypothese 6 (Politisierung):<br />
Bei Existenz einer Min<strong>de</strong>rheitenkultur, hierarchisch-konfliktären Beziehungen<br />
zwischen Mehrheit und Min<strong>de</strong>rheit sowie relativer Geschlossenheit <strong>de</strong>s<br />
Zugangs zur Mehrheitsgesellschaft, bikultureller Bestimmung <strong>de</strong>r Positionen<br />
und bei Lösung <strong>de</strong>s Zugehörigkeits-, Selbstwert- und Kulturkonflikts durch