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54<br />
1 Ein theoretisches Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />
Die folgen<strong>de</strong>n Ausführungen Heckmanns nähern sich zunehmend<br />
<strong>de</strong>m von uns in Figur 4 entwickelten Ansatz hinsichtlich <strong>de</strong>s<br />
Bezugskonfliktes <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rheit in einer Mehrheitsgesellschaft. 24<br />
1.3.3.1.5 Marginalitätstheorie<br />
"Die Diskussion über <strong>de</strong>n 'Frem<strong>de</strong>n' ist vor folgen<strong>de</strong>m historischen<br />
Hintergrund zu sehen: Mit <strong>de</strong>r Auflösung <strong>de</strong>r Ghettos und <strong>de</strong>m<br />
Emanzipationsprozess <strong>de</strong>r Ju<strong>de</strong>n in die bürgerliche Gesellschaft bil<strong>de</strong>te sich<br />
unter ihnen ein neuer Verhaltenstypus heraus. Diese, über Simmel vermittelte<br />
Beobachtung, die in <strong>de</strong>n Essay über <strong>de</strong>n Frem<strong>de</strong>n einging, wird bei Park<br />
(1964, zuerst 1928) zum Ausgangspunkt seiner Thesen über Entstehung und<br />
Wesensmerkmale <strong>de</strong>s 'marginal man'. Zusammen mit Stonequist entwickelte<br />
Park im Rahmen <strong>de</strong>r Chicago-Schule <strong>de</strong>r Soziologie die Grundlagen <strong>de</strong>r<br />
Marginalitätstheorie und weitet sie auf die Analyse von Migrationsprozessen<br />
aus. Die marginale Person sei gezwungen, 'to live in two societies and in two,<br />
not merely different but antagonistic cultures' (Park, Einleitung und<br />
Stonequist 1937). Sie lebe am Ran<strong>de</strong> zweier Kulturen und könne we<strong>de</strong>r<br />
vollständig mit ihrer Herkunft und ihren Traditionen brechen noch wer<strong>de</strong> sie in<br />
<strong>de</strong>n gesellschaftlichen Gruppen akzeptiert, <strong>de</strong>ren Mitgliedschaft sie anstrebe<br />
(vgl. Park 1964, 354).<br />
Marginalität ist, wenn man Parks Umschreibungen in einer präziseren<br />
Begrifflichkeit resümiert, gekennzeichnet durch enge Beziehungen von<br />
Personen zu unterschiedlichen Gruppen bei ungeklärter Zugehörigkeit; die<br />
marginale Lage bewirke einen Kulturkonflikt und I<strong>de</strong>ntitätsunsicherheit. Parks<br />
Ansätze wur<strong>de</strong>n von Stonequist (1937) fortgesetzt. Auch bei Stonequist ist<br />
Marginalität Resultat von ungeklärter Zugehörigkeit und Kulturkonflikt. Die<br />
marginale Lage <strong>de</strong>s emanzipierten Ju<strong>de</strong>n beschreibt Stonequist<br />
folgen<strong>de</strong>rmaßen: 'Wenn er einmal eingetreten ist (in die Gesellschaft<br />
außerhalb <strong>de</strong>s Ghettos, F. H.), kann er sich nicht wie<strong>de</strong>r bequem in das<br />
Ghetto zurückziehen. Er ist zu sehr Ju<strong>de</strong>, um assimiliert zu sein; und er ist zu<br />
wenig Ju<strong>de</strong>, um isoliert zu sein' (Stonequist 1937, 77/78). Wesentlich<br />
gegenüber Park ist vor allem Stonequists Explizierung <strong>de</strong>s Verhältnisses von<br />
Mehrheit und Min<strong>de</strong>rheit als Ungleichheits- und Dominanzverhältnis und die<br />
Skizzierung von Auswirkungen <strong>de</strong>r marginalen Lage auf die<br />
Persönlichkeitsstruktur. Die Person in marginaler Lage bzw. ein bestimmter<br />
Persönlichkeitstypus in einer marginalen Lage zeige Verhaltensunsicherheit,<br />
Stimmungslabilität, Entschlusslosigkeit und Orientierungszweifel, starke<br />
Handlungsbefangenheit, ein Gefühl <strong>de</strong>r Isolierung und <strong>de</strong>r Machtlosigkeit<br />
gegenüber <strong>de</strong>n 'Umstän<strong>de</strong>n', Min<strong>de</strong>rwertigkeitsgefühle nähmen häufig die<br />
Form von Selbsthass an, Ohnmachts- und Unsicherheitsgefühle bewirkten<br />
24 Präziser: (Sprache Mehrheit/grün – Sprache Min<strong>de</strong>rheit/lila )-, (Kultur Mehrheit/grün –<br />
Kultur Min<strong>de</strong>rheit/lila )-, (Wirtschaft Mehrheit/grün – Wirtschaft Min<strong>de</strong>rheit/lila )-, (Politik<br />
Mehrheit/grün – Politik Min<strong>de</strong>rheit/lila )-Bezugskonflikt.