Marina Brandtner Diskursverweigerung und Gewalt
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Räumung des Platzes entstand, so Polanski, wurden ein Polizeibeamter in ein<br />
Schaufenster geschleudert <strong>und</strong> einige Demonstranten, Männer <strong>und</strong> Frauen, verhaftet.<br />
Hierbei sollen die Kommunisten von dem „sozialdemokratischen Bonzen“<br />
(Nationalrat) Hartmann verhöhnt worden sein. Auch in Eisenerz, Fohnsdorf <strong>und</strong><br />
Judenburg, der Hochburg Pfrimers, soll es zu Demonstrationen gekommen sein,<br />
bei denen Plakate mit der Aufschrift „Arbeit <strong>und</strong> Brot, sonst schlagen wir Euch<br />
tot“ affichiert wurden. Weitere Schwerpunktaktionen der KPÖ in Leoben lassen<br />
sich anhand des „Arbeitsplans“ Polanskis für das Frühjahr 1931 rekonstruieren,<br />
wobei die Maifeier <strong>und</strong> das Pfingsttreffen eine herausragende Stellung einnahmen.<br />
Beginnend mit einer am 3. April in der Leobener Sängerhalle stattfindenden Versammlung<br />
sollten die bereits gewählten Delegierten des Bezirks bestätigt <strong>und</strong> am<br />
22. April bei einer K<strong>und</strong>gebung am Leobener Bahnhof verabschiedet werden. Am<br />
15. April war eine öffentliche K<strong>und</strong>gebung auf dem Leobener Hauptplatz mit einer<br />
anschließenden Demonstration vorgesehen. Für den Vorabend des 1. Mai plante<br />
Polanski einen Fackelzug von Judendorf durch Leoben nach Donawitz durchzuführen.<br />
Am „Tag der Arbeit“ sollte ein Marsch mit musikalischer Begleitung<br />
von Donawitz nach Leoben stattfinden, wo eine K<strong>und</strong>gebung mit anschließender<br />
Demonstration auf dem Hauptplatz abgehalten werden sollte. Für den Demonstrationszug<br />
waren sogar Propaganda-Autos organisiert worden, auf dem Mitarbeiter<br />
der „Roten Hilfe“, der „Arbeiterhilfe“ sowie Kinder mitfahren <strong>und</strong> Sprechchöre<br />
skandieren sollten. Als Krönung des Festtages waren ein Konzert mit Rezitationen<br />
<strong>und</strong> Ansprachen geplant. Entsprechende Flugblätter <strong>und</strong> Plakate wurden<br />
von Polanski in Wien bestellt <strong>und</strong> eine Extra-Ausgabe des „Roten Alpinen Arbeiters“<br />
vorbereitet. Auch schlug er vor, das Pfingsttreffen der KPÖ Steiermark, wie<br />
schon im Jahr 1928, wieder in Leoben zu veranstalten. 289 Neben der Ankündigung<br />
seiner zahlreichen Redeauftritte bat Polanski die Zentrale um eine milde Gabe:<br />
„Schickt mir auch sofort Geld, damit ich nicht hungern muss.“ Auch im August<br />
1931 kam es zu einer Großdemonstration am Leobener Hauptplatz <strong>und</strong> vor der<br />
Arbeiterkammer. Die Stürmung des Kammergebäudes durch wütende Arbeiter<br />
konnte angeblich nur durch den beherzten Eingriff der Exekutive gestoppt werden.<br />
Bis in die Nacht hinein, berichtet Polanski, beherrschten die Arbeiter die Strasse.<br />
Provozierende Nazis wurden energisch zurecht gewiesen, <strong>und</strong> zeigten sich nach der<br />
K<strong>und</strong>gebung nicht mehr. 290<br />
289 Am 27. Mai 1928 fand ein kommunistisches Pfingsttreffen in Leoben <strong>und</strong> Donawitz statt. Das<br />
GPK Donawitz berichtet von einem Umzug, bestehend aus 54 Personen, die Fahnen <strong>und</strong> Wimpel<br />
trugen <strong>und</strong> während des Marsches durch Donawitz revolutionäre Lieder sangen. Gustav Wegerer<br />
hielt anschließend einen Vortrag vor der auf etwa 150 Personen angewachsenen Menge, in dem er<br />
unter anderem feststellte, dass die Arbeiter bereit seien, für bessere Lebensbedingungen zu kämpfen,<br />
„doch werden sie von den Führern der Sozialdemokraten verraten <strong>und</strong> verkauft“. Das Heil<br />
der Arbeiterschaft, resümierte Wegerer, liege einzig <strong>und</strong> allein im Kommunismus: StLA L.Reg.<br />
K.213: Gr.384 (1926): GPK Donawitz E.Nr.2616 „Kommunistenbewegung Pfingsttreffen 1928“,<br />
15.6.1928).<br />
290 StLA BH Leoben Gr.14: K.58 (Zl.386/II Po 2/6-1932, 11.3.1933).